EU-Parlament verbietet Robbenprodukte
Gesetz: Tierschützer hoffen, dass nun auch der kanadische Markt zusammenbricht.
Brüssel. Die kommerzielle Robbenjagd im kanadischen Eis, seit Anfang April wieder in vollem Gange, ist ein grausames Handwerk. Eines, das abstoßende Bilder produziert: von wehrlosen Robben, die von dilettantischen Jägern mit Knüppeln und Haken malträtiert werden, schwer verletzt fliehen, um am Ende qualvoll zu krepieren.
Nach den USA und Mexiko will nun auch die EU diesem bestialischen Geschäft ein Ende setzen: Das EU-Parlament hat gestern eine entsprechende Verordnung für ein Handelsverbot von Robbenprodukten für alle 27 Mitgliedsländer verabschiedet. Das Verbot muss im kommenden Juni vom EU-Ministerrat abgesegnet werden. Neun der 27EU-Staaten, unter ihnen Deutschland, hatten bereits ein nationales Verbot für die Einfuhr von Robbenprodukten beschlossen.
"Die Abstimmung des EU-Parlaments ist hoffentlich der Todesstoß für die unsägliche und grausame kanadische Robbenjagd", sagt Ralf Sonntag, Deutschland-Direktor des Internationalen Tierschutz-Fonds (IFAW), erleichtert. Schon seit 40 Jahren setzt sich die Organisation leidenschaftlich für ein Ende der Robbenjagd ein. Mit dem Handelsverbot bricht eines der wichtigsten Glieder der Handelskette weg. Denn hauptsächlich in Europa erfolgt die aufwändige Veredelung der Robbenprodukten zu kostbaren Jacken und Mänteln, vor allem aber zu Pelzmützen, Handschuhen und Ölen. Vom neuen EU-Importverbot sind aber auch Fleisch oder Fett von Robben betroffen. Letzteres wird etwa für die Herstellung von Omega-3-Kapseln verwendet.
"Das Zusammenbrechen der kanadischen Robbenjagd-Industrie erscheint unausweichlich", sagt Sonntag. Vor vier Wochen setzte Russland ein Zeichen, indem es die Robbenjagd untersagte. "Die Jagd auf Robben ist bestialisch und ethisch durch nichts zu rechtfertigen. Die Tiere werden grausam für unnötige Luxusprodukte getötet", sagt auch Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.
Mit Genugtuung beobachten Tierschützer deshalb, dass die ehedem so lukrative Robbenjagd schon heute immer weniger Gewinne abwirft. Wurden Robbenfelle vor Jahren noch für bis zu 40Euro gehandelt, erzielen die Jäger in diesem Jahr nur noch einen sehr dürftigen Preis von gerade einmal neun Euro.
Als weiteres Indiz für den Erfolg ihrer Jahrzehnte langen Kampagne werten die Tierschützer den sich abzeichnenden Rückgang an gejagten Tieren. Obwohl die kanadische Regierung in dieser Jagdsaison 280000 Jungtiere zum Töten freigegeben hat, wurden bislang offenbar erst 50000 Tiere erlegt. Nach Angaben der EU-Kommission werden jährlich rund 900000 Robben getötet, davon 60 Prozent in Kanada, Grönland und Namibia.
Zwar betont die kanadische Regierung immer wieder, dass es bei der Robbenjagd "human" zugehe. Aber Videomaterial des Internationalen Tierschutz-Fonds bewies stets das krasse Gegenteil. Besonders viel Leid richten schlecht ausgebildete Jäger an. Sie rammen Fischanlandungshaken in die schwer verletzten Robben, die dann oft bei lebendigem Leib gehäutet werden.
Ausgenommen vom Handelsverbot sind Robbenerzeugnisse, die aus der traditionellen Jagd der Inuit, einer Eskimo-Volksgruppe im arktischen Zentral- und Nordostkanada, stammen. Das Europaparlament verabschiedete gestern außerdem eine Neuregelung für einen besseren Schutz von Versuchstieren, die beispielsweise in der pharmazeutischen Forschung verwendet werden. Demnach sollen EU-weit die gleichen Mindestanforderungen für die Unterbringung und Pflege dieser Tiere gelten.