EU will weniger Plastikbeutel: Kommission hat noch Bedenken
Brüssel (dpa) - Zum Schutz der Umwelt sollen Verbraucher in Zukunft deutlich weniger Plastiktüten benutzen. Darauf verständigten sich Unterhändler von EU-Staaten und Europaparlament am späten Montagabend im Grundsatz.
Mit den neuen Regeln will die EU vor allem die Nutzung leichter Einweg-Tüten eindämmen - hauchdünne Gemüsebeutel und dickere Plastiktaschen wären aber nicht betroffen. Allerdings könnte das Vorhaben noch an Bedenken der EU-Kommission in Brüssel scheitern.
Wenn alles so kommt wie geplant, wären Einwegtüten künftig vielleicht nicht mehr kostenlos. So könnte es ab 2017 eine Abgabegebühr geben oder der Einzelhandel müsste Steuern zahlen, heißt es aus dem EU-Parlament. Alternativ könnte es auch Ziele zur Minderung des Verbrauchs geben, von derzeit 176 Einwegtüten auf 40 Tüten pro Person und Jahr bis Ende 2025. Wie sie genau vorgehen, könnten die EU-Staaten selbst entscheiden. Auch andere Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie eine Gebühr wären möglich.
Ganz dünne Beutel - wie sie etwa an der Gemüsetheke verwendet werden - könnten die Regierungen von den Auflagen ausnehmen. Nach früheren Angaben der EU-Kommission benutzt jeder Europäer pro Jahr knapp 200 Plastiktüten, davon 176 Einwegtüten.
Als sicher gilt die Einigung allerdings erst, wenn die Botschafter der EU-Länder sie offiziell bestätigt haben. Dies ist für diesen Freitag (21. November) vorgesehen. „Wenn diese Einigung kommt, ist es ein historischer Schritt, Plastiktüten und Plastikmüll in der EU endlich zu verringern“, erklärte die dänische Grüne Margrete Auken, die die Gesetzgebung im Parlament federführend betreut.
Doch die EU-Kommission könnte die Hürden erhöhen und Einstimmigkeit unter den Botschaftern verlangen. Die Behörde jedenfalls hat Bedenken angemeldet, Einzelheiten will sie aber erst am Mittwoch ausführlich erläutern. Sie hatte zwar vor einem Jahr Vorschläge gemacht, die den Verbrauch leichter Tüten senken sollen. Doch seit Monatsbeginn hat eine neue EU-Kommission das Ruder übernommen. Ihr Chef Jean-Claude Juncker will, dass Brüssel den Bürgern nicht zu viele Vorschriften macht.
Der CDU-Europaabgeordnete Karl-Heinz Florenz meinte, er würde „schon sehr staunen“, falls die EU-Kommission gerade die Tüten-Pläne „auf die Hörner“ nähme. „Da hätte ich andere Vorschläge zu machen.“
Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission hätte weniger konkrete Vorgaben für die Staaten vorgesehen. Eine Sprecherin erklärte, die Behörde unterstütze zwar das Ziel einer Minderung. Sie habe aber „Zweifel, was die Mittel angeht“. So habe sie damals auch auf ein verpflichtendes Minderungsziel verzichtet. „Für acht Mitgliedsstaaten gibt es zur Zeit keine Daten, die es uns erlauben würden festzustellen, was das richtige Niveau für jedes nationale Ziel wäre.“
Europäische Gesetze werden von der EU-Kommission vorgeschlagen und dann von den Staaten und dem Europaparlament beraten. Wenn Unterhändler beider Seiten einen Kompromiss gefunden haben, muss dieser noch offiziell von den Staaten und dem Parlament bestätigt werden. Die EU-Kommission kann den Gesetzgebungsprozess hier noch zum Stocken bringen, indem sie ihre Zustimmung verweigert - dann bräuchte es ein einstimmiges Votum aller 28 EU-Staaten und nicht nur eine qualifizierte Mehrheit. „Das kann klappen, aber es muss nicht klappen“, meint Parlamentarier Florenz zu einer Abstimmung pro Kompromiss. Möglicherweise könnte die EU-Kommission ihren Vorschlag aber sogar zurückziehen.