Behörde räumt Fehler ein Fanzug-Verdächtiger war schon als Vergewaltiger verurteilt

Mönchengladbach (dpa) - Der Mann, der in einem Sonderzug für Fußballfans eine junge Frau sexuell missbraucht haben soll, war bereits wegen einer Vergewaltigung rechtskräftig verurteilt. Die Ladung zum Haftantritt sei aber noch nicht erfolgt, sagte Staatsanwalt Benjamin Kluck in Mönchengladbach.

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Über die Verurteilung hatte zuvor die „Bild“-Zeitung berichtet. Die zuständige Justizbehörde räumte unterdessen in einer Stellungnahme Fehler ein.

„Nach vorläufiger Bewertung dieser Abläufe wurden bei der Bearbeitung der Akte durch das Amtsgericht falsche Prioritäten gesetzt“, erklärte das Landgericht Mönchengladbach. Das Amtsgericht hätte die Akte bereits im Januar bei der Staatsanwaltschaft vorlegen sollen, um die Vollstreckung des Urteils zu ermöglichen. Die komplizierte Prüfung von Anwaltskosten und die Bearbeitung eines Opferentschädigungsantrages hätten dagegen zurückgestellt werden sollen.

Das Amtsgericht Mönchengladbach hatte den aktuell Verdächtigen schon am 13. April 2016 wegen Vergewaltigung, Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen sowie Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Das damalige Opfer war nach aktuellen Angaben des Landgerichts eine Bekannte des Verurteilten. Die Tat habe sich im häuslichen Bereich ereignet. Dafür wurden zwei Jahre und zehn Monate Freiheitsstrafe verhängt. Bei der Gesamtstrafe seien das Zeigen des Hitlergrußes und zwei Körperverletzungen berücksichtigt worden.

Das Landgericht bestätigte das Urteil auf Berufung des Verurteilten hin am 22. Mai 2017. Die dagegen eingelegte Revision des Verurteilten hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 29. November 2017 verworfen, hieß es in der Auflistung des Landgerichts. Die Akte kam über die vorgeschriebenen Wege wieder ans Amtsgericht, das am 28. Dezember 2017 den Rechtskraftvermerk erteilte. Es sei eine Vielzahl von Kostenanträgen der Anwälte zu bearbeiten. „Aus diesem Grund ist die Verfahrensakte bis zur Anforderung durch die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach am 17. April 2018 beim Amtsgericht verblieben.“

Erst mit Übersendung der Akte an die Staatsanwaltschaft habe diese am Dienstag das Vollstrecken der verhängten Haftstrafe einleiten können, erläuterte das Landgericht den aktuellen Stand. Das Landgericht nimmt die Abläufe in diesem Verfahren nach eigenen Angaben zum Anlass, um die beteiligten Abteilungen aller Gerichte des Bezirks darauf hinzuweisen, „dass nach Rechtskraft eines Strafurteils der Einleitung der Vollstreckung grundsätzliche Priorität gegenüber der Bearbeitung anderer noch offener Verfahrensaspekte eingeräumt wird.“

In den aktuellen Ermittlungen soll der inzwischen 30 Jahre alte Verdächtige in den nächsten Tagen verhört werden. Er soll eine 19 Jahre alte Frau in einem Zug voller Fußballfans auf der Rückreise vom Spiel Bayern München gegen Borussia Mönchengladbach missbraucht haben. Am Montag hatte er sich in einer Haftanstalt in NRW gemeldet, um seine Freiheitsstrafe anzutreten. Durch die Verurteilung wegen Vergewaltigung müsse er jetzt aber auch diese Strafe absitzen, sagte Staatsanwalt Kluck. Die 19-Jährige aus Bonn konnte laut Polizei inzwischen als Zeugin vernommen werden. Sie hatte den Mann in der Nacht zum Sonntag im sogenannten Tanzwagen des Sonderzugs kennengelernt. Der mutmaßliche Täter konnte identifiziert werden, weil ein Zug-Ordner ein Foto von ihm gemacht hatte.