„Farbe für die Republik“ - Die DDR in Fotos
Berlin (dpa) - Lachende Kinder vor Plattenbauten, eine selbstbewusste Traktoristin mit rot-weißem Kopftuch und verführerische Torten im DDR-Interhotel - eine neue Ausstellung im Deutschen Historischen Museum Berlin zeigt erstmals ausschließlich Auftragsfotografie in der DDR.
Unter dem Titel „Farbe für die Republik“ werden 150 großformatige Bilder präsentiert, ergänzt durch erklärende Texte und kritische Kommentare.
Die Farbbilder der freiberuflichen DDR-Fotografen Martin Schmidt und Kurt Schwarzer seien im Auftrag von Zeitschriften, Betrieben, Messen, DDR-Massenorganisationen oder für Kochbücher entstanden, erläutert Projektleiterin Carola Jüllig. „Wir zeigen keine unkommentierte DDR-Propaganda“, betont die Sammlungsleiterin für Alltagskultur. „Man darf die Bilder hinterfragen, aber man darf sie auch schön finden.“
Museumschef Alexander Koch ergänzt: „Den Auslöser seiner Kamera betätigte der Bildreporter in der DDR im Auftrag. Positiv und in Farbe sollte er den sozialistischen Alltag zeigen. Unsere Ausstellung offenbart diese Inszenierung.“ Im Gegensatz zur farbigen Abbildung druckten DDR-Tageszeitungen nur Schwarz-weiß-Fotos.
Die Archive beider Fotografen gehören zur Sammlung des Museums. Ausgewählt wurden Motive zwischen 1960 bis zum Anfang der 80er Jahre - die meisten kunstvoll inszeniert. Gerade in den 60er Jahren sollte Aufbruchstimmung verbreitet werden, die DDR wollte sich laut Museum als moderner Staat präsentieren. Bei der Vermittlung dieser Ideologie habe die Farbfotografie eine wichtige Rolle gespielt.
„Da wurde eine DDR gezeigt, die leuchtet, die positiv herüberkommt, die einen gelungenen Sozialismus vermitteln will“, sagt Jüllig. Sie zeigt auf ihr Paradebeispiel: ein roter Plastik-Hummer garniert mit Fischernetz, gebratenem Fisch und Ei. Schwarzer, der 2012 starb, habe das Bild wohl 1965 für ein Rezeptheft inszeniert.
„Die DDR als Land des Überflusses, als Versprechen auf die Zukunft - dabei hatte das nichts mit der Wirklichkeit zu tun“, sagt Jüllig. Gleich daneben vermittelt ein Foto-Pärchen bei Ananas, Rotwein und Hering aus dem Tischgrill einen Hauch von schönem Leben.
Einen der Kommentare, die über Hörstationen abgerufen werden können, hat der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse abgegeben. Zu den Arbeiterporträts etwa erklärt der Ostdeutsche, angesichts der DDR-Misswirtschaft habe es ein Gefühl selbstbewusster Wurstigkeit gegeben: „Was wollt Ihr mir, Ihr könnt mich mal.“
Die Fotografen hätten gewusst, was von ihnen erwartet wurde, so Jüllig. Vor allem Schwarzer habe sich als „unpolitischer Handwerker“ gesehen, sagt die Kuratorin. Und sie hätten gut verdient - nach staatlicher Honorarordnung.
Zur Biografie des 88-jährigen Schmidt gehört auch, dass ihn 1966 das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) für die Auslandsspionage anwarb. Er habe sich darauf eingelassen - so habe er Mutter und Bruder in der Bundesrepublik besuchen können, heißt es im Begleitheft. 1969 endete die Zusammenarbeit.
Bei der DDR-Inszenierung hätten viele mitgespielt, selbst wenn sie es nicht wollten, sagt der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn. „Wir sollten die Geschichte der DDR nicht auf die Repression beschränken“, so der frühere Oppositionelle. „Wenn wir nicht auch die Selbst-Inszenierung in der Regie der Partei verstehen, verstehen wir nicht, warum es ihr gelang, so lange so viele Menschen gefangen zu nehmen.“