Situation an den polnischen Grenzübergängen Fluchtbewegung aus der Ukraine nimmt leicht ab

Immer weniger Flüchtlinge kommen an den polnischen Grenzübergängen an. Sollten sich die russischen Angriffe auch auf den Westen der Ukraine ausbreiten, werden erneut viele Ukrainer flüchten.

Immer weniger Flüchtlinge kommen in Polen an.

Foto: dpa/Markus Schreiber

Die Versorgung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in den Nachbarstaaten funktioniert nach Einschätzung von Helfern und Experten insgesamt sehr gut. In Polen kämen weitere Flüchtlinge an den acht Grenzübergängen an, der Andrang sei aktuell aber etwas geringer als in den vergangenen Tagen, sagte der Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) in Deutschland, Chris Melzer, am Donnerstag in einem Online-Pressegespräch des Mediendienstes Integration. Sporthallen und Jugendherbergen seien noch nicht voll, da viele Menschen bei Verwandten, Freunden, in angemieteten Wohnungen oder bei hilfsbereiten Polen privat unterkämen.

Sollten sich die russischen Angriffe auch auf den Westen der Ukraine ausdehnen, sei allerdings mit einer weiteren massiven Fluchtbewegung und möglichen Engpässen zu rechnen, befürchten Experten. Seit Mittwochabend sei auch die Zahl der Kriegsflüchtlinge, die über die Grenze in die Slowakei kommen, etwas gesunken, sagte Andrea Najvirtová von der Hilfsorganisation People in Need. Denn Menschen aus der Westukraine, die flüchten wollten, hätten dies inzwischen getan. Die Situation werde sich allerdings absehbar verschlechtern, falls eine große Zahl von Menschen „aus anderen Teilen der Ukraine kommen oder falls die Aggression auch die Westukraine betrifft“.

Die überwiegende Mehrheit der ukrainischen Flüchtlinge wolle in Nachbarländern wie Polen bleiben, sagte Melzer. Eine Befragung von Flüchtlingen an der ukrainisch-polnischen Grenze habe zudem ergeben: „Die Menschen wollen so schnell wie möglich nach Hause.“

An der polnischen Grenze werde niemand abgewiesen, betonte Melzer. Es gebe keine Anzeichen für Zurückweisungen durch polnische Grenzschützer. In einem überfüllten Raum nahe der Grenze seien Ausländer, die aus der Ukraine geflüchtet waren, von polnischen Grenzpolizisten vorübergehend festgehalten worden. Auf Nachfrage habe man erklärt, diese Menschen seien ohne Reisepässe, weshalb man ihre Angaben telefonisch mit den Botschaften ihrer Heimatstaaten abgleiche.

In der Stadt Charkiw im Osten der Ukraine fehlten Benzin, Medikamente und bestimmte Nahrungsmittel, sagte der Migrationsforscher Frank Düvell von der Universität Osnabrück. Bewohner der Stadt, die fliehen wollten, hätten aktuell Angst davor, auf der Flucht beschossen zu werden. Die Städte im Westen des Landes seien nach der Ankunft einer großen Zahl von Vertriebenen aus anderen Regionen voll. Er vermute, dass der leichte Rückgang der Zahl der Flüchtlinge nur vorübergehend sei und habe die Erwartung, „dass das wieder hochgeht“.

Aus der Ukraine fliehen hauptsächlich Frauen und Kinder. Die Regierung in Kiew hat ukrainischen Männern im Alter zwischen 18 und 60 Jahren die Ausreise untersagt, sie unterliegen der Wehrpflicht.

(dpa)