Freiheitsstatue trifft Freiheitsstatue: Künstler baut Ikone nach
New York (dpa) - Am Horizont hebt die Freiheitsstatue majestätisch ihre Fackel in die Höhe. Aus der Entfernung wirkt sie winzig, aber ein etwa vier Meter hoher Kupfer-Koloss macht deutlich, dass der Schein trügt.
Das Kunstwerk in einem Park unterhalb der Brooklyn Bridge, rund einen Kilometer über das Wasser von der Freiheitsstatue entfernt, ist ein Nachbau der berühmten Ikone im New Yorker Hafen. Es zeigt nur einen Teil des rechten Armes und doch wirken die Menschen, die sich davor fotografieren lassen, wie Zwerge.
Der Nachbau in Originalgröße ist eine Idee des 1975 in Vietnam geborenen und heute in Berlin und Mexiko-Stadt lebenden Künstlers Danh Vo. Schon seit Jahren fasziniert ihn die 1886 eingeweihte Freiheitsstatue, die vom Bildhauer Frédéric-Auguste Bartholdi geschaffen wurde und ein Geschenk Frankreichs an die USA war. Vos Ziel: ein kompletter Nachbau der Statue in Einzelteilen. Mehr als 250 hat er bereits herstellen lassen. „Er hat es bald geschafft“, sagt die Kuratorin Andria Hickey. Noch bis zum 5. Dezember sind einige der Stücke jetzt erstmals unter freiem Himmel in der Millionenmetropole mit direktem Blick auf das Original zu sehen.
„Ich verfolge Vos Arbeit schon seit langer Zeit“, erzählt Hickey. „Und als ich von diesem Projekt gehört habe, dachte ich sofort, dass es perfekt für den Brooklyn Bridge Park wäre.“ In Museen auf der ganzen Welt und auch im New Yorker New Museum waren einige der Stücke bereits zu sehen - aber noch nie in Sichtweite des Originals. „Danh war sehr aufgeregt, als ich ihm von dem Plan erzählt habe, und hat sofort zugesagt.“ Mit Hilfe des Public Art Funds, einer gemeinnützigen Organisation, die Kunst in öffentliche Räume in New York bringt, wurde der Plan Wirklichkeit.
Zwei Parks und insgesamt 52 Statuen-Teile suchten Kuratorin Hickey und Künstler Vo aus: Im City Hall Park, direkt vor dem New Yorker Rathaus in Manhattan, stehen zahlreiche ältere Stücke, die aus Sammlungen und Museen herangeschafft wurden. Im Brooklyn Bridge Park sind 13 neue Stücke zu sehen, die der vielfach preisgekrönte Künstler erstmals zu drei größeren Werken zusammengesetzt hat. Eigentlich sei es nie sein Plan gewesen, aus den Einzelteilen einmal eine komplette Freiheitsstatue zu bauen, sagt Hickey. Die Teile selbst, die in Shanghai mit der gleichen Technik und aus dem gleichen Kupfermaterial wie das Original hergestellt werden, seien die Kunst.
Mehrere Millionen Menschen werden die „We the People“ betitelte Ausstellung nach Angaben des Public Art Funds in den kommenden Monaten sehen - und die frei zugänglichen Stücke natürlich auch anfassen und vielleicht sogar darauf herumklettern. Außerdem wird es regnen, hageln und schneien, aber auf all das sind Kuratorin und Künstler vorbereitet. „Wir haben sehr eng mit Denkmalpflegern kooperiert, die die Oberflächen speziell bearbeitet haben, damit sie das alles besser aushalten“, sagt Hickey.
Ohnehin sei eine Verfärbung auch gewollt - schließlich sei das Original auch längst nicht mehr kupferfarben, sondern von Wind und Wetter grün geworden. „Der Künstler ist sehr daran interessiert zu sehen, wie das Material sich auf natürliche Art und Weise verändert.“ Sogar ein Schlagzeug-Künstler darf demnächst ein Konzert auf den Kunstwerken geben.
Kuratorin Hickey hofft, dass die Freiheitsstatue in Einzelteilen genau wie das Original zur Attraktion wird. „Viele der Projekte des Public Art Funds sind in der Vergangenheit schon Treffpunkte geworden und Orte, an denen sich Menschen fotografieren ließen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch diese Ausstellung sich wieder zu einer beliebten Sehenswürdigkeit für Touristen entwickelt.“