Freimaurer: Sieht so ein Verschwörer aus?

Der neue Provinzialmeister Jörg Kartenberg (49) aus Schwelm möchte die Loge stärker öffnen.

Schwelm. Die Fans von Bestseller-Autor Dan Brown ("Das Sakrileg") können es kaum erwarten, dass der neue Roman "The Solomon Key - "Der Salomonische Schlüssel" endlich erscheint. Der Thriller wird sich den Freimaurern und ihrem Einfluss auf die amerikanische Politik widmen. Geplant war die Veröffentlichung für Herbst 2006, das Buch ist bis heute immer noch nicht zu kaufen. Ein Beleg für die von Brown behauptete Weltverschwörung einer Geheimloge?

Jörg Kartenberg aus Schwelm ist Freimaurer. Er wirkt so gar nicht wie ein durchtriebener Geheimbündler, der auf die Weltherrschaft aus sein könnte. Der neue NRW-Provinzialmeister der Großen Landesloge ärgert sich deshalb über das Bild der Freimaurerei in der Öffentlichkeit. "Manche Medien reiben sich an den nicht zugänglichen Ritualen", sagt der 49-jährige Fachanwalt für Strafrecht. Das Besondere der Freimaurerei liege aber in eben diesen Ritualen der Tempelarbeit. "Es wird viel mit Symbolen gearbeitet. Man muss das Ritual erleben. Deshalb ist es geheim", erklärt der Meister. "Das ist nichts für Leute, die rein rational sind."

Schon seit der Gründung der ersten Großloge von London 1717 ist die Freimaurerei Geheimnis umwittert. "Dabei sind wir nicht verschlossen", sagt der Schwelmer und führt sich selbst als Beleg an. Er war vor 14 Jahren das erste Mal zu einem Gästeabend der Johannis-Loge "Zum Westfälischen Löwen" eingeladen worden. Ihm gefiel, was er unter den Logenbrüdern erlebte. Kartenberg: "Man wird nicht Freimaurer durch die Aufnahme in den Verein, sondern durch die Auseinandersetzung mit den Fragen des menschlichen Miteinanders." Diese gehe leider zurück.

Hehre Ahnen wie Goethe oder Mozart will Kartenberg nicht vor sich hertragen. "Wir sind kein Traditionsverein", beteuert der 49-Jährige, "die Freimaurerei ist auch heute noch zeitgemäß." Der Provinzialmeister betreibt deshalb offensiv Aufklärung. "Freimaurerei, das heißt arbeiten am rauen Stein", versucht Jörg Kartenberg zu erklären, was sein Leben maßgeblich bewegt. Um das Gesagte zu betonen, hält er einen faustgroßen Gesteinsbrocken neben eine filigran gemeißelte Steinskulptur. "Gemeint ist der eigene Stein. An sich arbeiten, nicht an anderen", betont er.

Unter den Nazis wurde Freimaurerei verboten und verfolgt. "Wenn man das starke verbindende Element in den Logen sieht, wird klar, warum Freimaurerei in Diktaturen verboten wurde", erklärt Kartenberg. In den Logen herrschen Meinungs- und Religionsfreiheit. "Wir sind nicht dogmatisch. Wir sind auf der Suche nach der Wahrheit, dem Sinn des Lebens. Gerade weil wir suchen, sind wir nicht im Besitz der absoluten Wahrheit."

Die Große Landesloge, zu der die Schwelmer Brüder gehören, vertritt ein undogmatisches Christentum, das sich auf dessen zentrale Aussagen bezieht, wie die Nächstenliebe. Daher wird Jesus Christus auch als Vorbild betrachtet. Die Freimaurerei greife aber auf alle Stränge der Menschheitsgeschichte zurück, die mit Selbsterkenntnis zu tun haben, wie antike Mysterienbünde, Kabbala und abendländische Alchemie. "Nicht, dass man uns in Laboratorien sieht", wehrt sich Kartenberg gegen Vorurteile. "Es soll eine Entwicklung zum Guten stattfinden."

Solche Ziele sind wenig auflagenträchtig. Geld machen lässt sich mit frei erfundenem Horror ("Freimaurer opfern Kinder") und Verschwörungstheorien, wonach die Logen alle möglichen Attentate und Revolutionen angezettelt hätten - von den beiden Weltkriegen ganz zu schweigen.

Geschichte Die Freimaurerei geht aus den mittelalterlichen Dombauhütten hervor, daher stammen auch die Symbole wie Winkel und Zirkel. Die Meister besaßen ihre eigenen Zeichen und Geheimsprachen. Die Grundideale sind Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität.

Rituale Die "Brüder" treffen sich in einem geschlossenen Raum, dem "Tempel". Die Freimaurerei gliedert sich in die drei Grade Lehrling, Geselle und Meister.

Logen In NRW gibt es 500 Brüder in 16 Logen, u.a. auch in Düsseldorf, Krefeld, Wuppertal, Remscheid und Solingen. Alle Logen bieten Gästeabende an.