Gegen Gott und Teufel: Karlheinz Deschner gestorben
Haßfurt (dpa) - „Aufklärung ist Ärgernis, wer die Welt erhellt, macht ihren Dreck deutlicher.“ Mit diesem Aphorismus formulierte Karlheinz Deschner einst sein Lebensmotto.
Er mochte es schon immer radikal und hatte sein eigenes Glaubensbekenntnis: „Ich glaube wenig, und das auch nicht ganz.“ Seit den 1960er Jahren galt er als einer der bekanntesten und für manche auch bedeutendsten Kirchenkritiker in Deutschland. Im Alter von 89 Jahren starb Deschner am vergangenen Dienstag (8. April) in seiner bayerischen Heimatstadt Haßfurt, wie die Giordano-Bruno-Stiftung am Donnerstag mitteilte.
Deschner hatte sein ganzes Leben sehr zurückgezogen gelebt. Zuletzt machte ihm ein Aneurysma-Leiden zu schaffen. Deswegen musste er auch in den vergangenen Monaten zwei Mal operiert werden. Danach war er noch auf einer Kur. Gestorben ist er im Krankenhaus.
Deschner wurde mit seiner „Kriminalgeschichte des Christentums“ bekannt. Darin rechnete er mit der „Religion der Nächstenliebe“ ab. Der 11. Band „Die Politik der Päpste“ erschien im Frühjahr. Weil seine Kraft aber nicht mehr ausreichte, das 1200 Seiten umfassende Werk selber zu aktualisieren, habe Michael Schmidt-Salomon von der Giordano-Bruno-Stiftung die Darstellung der zweiten Hälfte des Pontifikats von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. übernommen, heißt es im Nachruf der Stiftung.
„Ich schreibe aus Feindschaft. Denn die Geschichte derer, die ich beschreibe, hat mich zu ihrem Feind gemacht“, so hatte Deschner einmal seinen Antrieb beschrieben. Im Christentum sah er eine kriminelle Institution, der es nur um Macht geht. Von Anfang an war Deschner ein Außenseiter. Seine Schriften galten immer als umstritten. Er sei die „Personifikation des aufklärerischen Ärgernisses, ein Stachel im Fleisch der Zeit, an dem sich die Diskussion immer wieder entzünden musste“, heißt es in dem Nachruf.
Deschners Bücher mit den nicht selten provokanten Titeln sind in zwölf Sprachen übersetzt worden. In den 1960er Jahren untersuchte er die Rolle der Kirche im Faschismus. 1974 schrieb er eine „Sexualgeschichte des Christentums“. 1991 erschien ein „Anti-Katechismus“. Sechs Jahre später kam sein Buch „Oben ohne. Für einen götterlosen Himmel und eine priesterfreie Welt“ heraus.
Anhänger lobten, dass er Laien erstmals erklärt habe, was sich tatsächlich hinter der Geschichte des Christentums verbirgt. Kritiker warfen ihm vor, er arbeite unwissenschaftlich, benutze nur Quellen, die ihm nützen, und sei weder fähig, historisch zu denken noch zu urteilen.
Deschner wurde am 23. Mai 1924 in Bamberg geboren und wuchs in Internaten der Franziskaner, Karmeliter und Englischen Fräulein auf. Sein Vater, ein Förster und Fischer, war katholisch. Die Mutter, zunächst protestantisch, konvertierte später. Mit elf wollte Deschner Priester werden. Nach dem Krieg studierte er in Bamberg, dann in Würzburg Neuere deutsche Literatur, Philosophie und Geschichte. 1951 heiratete er. Doch weil seine Frau geschieden war, wurde er exkommuniziert. Vielleicht war das eines der einschneidenden Erlebnisse, die ihn vom freien Schriftsteller zum Kirchenkritiker werden ließen.