Geheimer Bericht: Sicherheitsmängel am Bochumer Gefängnis
Bochum/Düsseldorf (dpa). Der Zustand des Bochumer Gefängnisses ist wahrscheinlich noch bedenklicher als bislang bekannt. Aus dem streng geheimen Bericht zu Sicherheitsmängeln in der Anstalt sind weitere Einzelheiten bekanntgeworden.
Demzufolge werden Baumängel, Brandschutz und Personal kritisiert, berichteten mehrere Zeitungen.
Eine Expertenkommission hatte im Auftrag von NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) vor neun Wochen mehr als 100 Empfehlungen ausgesprochen. Eine Reihe davon waren auch veröffentlicht worden. Weil einige Sicherheitsmängel noch nicht behoben werden konnten, oder Teil von Ermittlungen sind, war der Bericht aber als geheim eingestuft worden. „Da macht sich einer strafbar“, sagte ein Sprecher des Justizministeriums am Freitag zur Weitergabe der Informationen an Journalisten.
Wegen der Geheimhaltung könne das Ministerium zu einzelnen Punkten keine Stellung nehmen. Es seien aber offenbar auch ältere Versionen des Berichts im Umlauf, sagte Ministeriumssprecher Detlev Feige. So werde im Abschlussbericht nicht mehr vor einem Massenausbruch gewarnt. Die Zeitungen listeten am Freitag bislang nicht genannte Mängel auf. So seien die Regenrinnen von den Zellenfenstern aus als Kletterhilfe erreichbar. Außerdem sei das Gefängnis schlecht gegen einen Angriff von außen gesichert. Die Gefängniswärter gingen lax mit Sicherheitsvorschriften um. Die Videoüberwachung sei unzureichend und es gebe Mängel beim Brandschutz.
Viele Ratschläge der Expertenkommission seien bereits umgesetzt, sagte der Ministeriumssprecher. So sei beispielsweise der Austausch der alten Eisengitter durch neue aus Mangan-Hartstahl schon weit fortgeschritten. Die Weitergabe des Berichts kurz vor der Landtagswahl sei offenbar politisch motiviert, heißt es im Ministerium. „Der Versuch, den Zustand der Anstalt der jetzigen Landesregierung anzulasten, könnte sich aber als Eigentor erweisen“, sagte Feige.
Die Sicherheitsdefizite hätten sich über Jahrzehnte summiert. Die jetzige Landesregierung habe sie aufgedeckt und bereits zu großen Teilen abgestellt. Nach einer Pannenserie und Ausbrüchen im Bochumer Gefängnis hatte Kutschaty die Expertenkommission in die Anstalt beordert und den damaligen Anstaltsleiter suspendiert.
Ein Gefangener hatte durch ein schlecht gesichertes Oberlicht türmen können, ein anderer hatte die Gitterstäbe durchgesägt und war bis auf den Dachboden der Anstalt gelangt. Einem weiteren gelang durch waghalsige Sprünge in die Tiefe die Flucht. Ein vierter Häftling hatte bei einem unbewachten Krankenhausaufenthalt flüchten können. Hinter einem Poster an der Außenwand hatte wiederum ein anderer Gefangener begonnen, den Mörtel aus der Mauer zu kratzen.