Superjet: Absturz eines Hoffnungsträgers
Flugzeugunglück ist ein strategisches Fiasko für Moskau.
Jakarta/Moskau. Weinende Menschen in Indonesien, ratlose Experten in Moskau: Schockiert nehmen viele Russen die Nachricht vom Flugzeugabsturz bei Jakarta auf. Bilder aus Asien zeigen Rettungsmannschaften, die sich durch die bergige Dschungel-Region zum Wrack kämpfen. Als bekannt wird, dass keiner der etwa 50 Insassen überlebt hat, muss die Mutter des Piloten Alexander Jablonzew notärztlich behandelt werden. Der Absturz ist eine menschliche Tragödie — und ein strategisches Fiasko für Russlands zivile Luftfahrt.
Während eines Demonstrationsfluges war der Superjet 100 vom Radar verschwunden. Der Funkverkehr brach ab. Die Maschine zerschellte an einem Vulkan. Mehrfach war der hochmoderne Flugzeugtyp in den vergangenen Jahren in die Kritik geraten. Mitarbeiter der Fluggesellschaft Aeroflot beklagten fehlerhafte Sensoren in der Kabine. Der auch mit westlicher Technik ausgestattete Flieger ist das erste Passagierflugzeug, das in Russland seit dem Zerfall der Sowjetunion 1991 entwickelt wurde. „Wir hoffen, dass die Bestellungen jetzt nicht weltweit einbrechen“, sagte ein Mitarbeiter des Industrieministeriums.
Kremlchef Wladimir Putin drückte den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. Der erst vor wenigen Tagen ins Amt eingeführte Präsident hatte bereits während seiner ersten Amtszeiten den zivilen Flugzeugbau zu einer Priorität erklärt. Der ehrgeizige Plan: Der in Kooperation mit Boeing und europäischen Unternehmen entwickelte Flieger soll den Branchenriesen Bombardier (Kanada) und Embraer (Brasilien) Konkurrenz machen. Die Zivilsparte des Kampfjet-Herstellers Suchoi hatte für den Superjet erst vor kurzem die Zulassung für die Europäische Union erhalten. Triebwerksprobleme verzögerten die Auslieferung.
Auch mit anderen Projekten gab es Schwierigkeiten: Im vergangenen Sommer musste ein Schauflug des neuen Tarnkappen-Kampfjets PAK FA T-50 auf einer Luftfahrtmesse bei Moskau beim Start abgebrochen werden, dazu kam die abgestürzte Mars-Raumsonde „Phobos-Grunt“.
Kritiker werfen der russischen Luft- und Raumfahrtbranche vor, unter zu starkem Zeit- und Finanzdruck zu stehen. „Das EU-Zertifikat hat der Superjet mit Bravour bestanden“, entgegnet ein westlicher Luftfahrtexperte. Er geht von einem Pilotenfehler aus. In Indonesien seien immer wieder Flugzeuge wegen schwieriger lokaler Verhältnisse abgestürzt. In Moskau macht sich derweil Skepsis breit. Luftfahrtexperte Alexej Sinitzki: „Den Absturz des Superjets hat die Branche natürlich mitbekommen.“