Gericht entscheidet zu Gunsten eines im Bordell überfallenen Mannes
Das Sozialgericht Düsseldorf hat dem ersten Urteil, nachdem dem Überfallenen keine staatliche Entschädigung zu steht, revidiert. Der Mann soll nun eine Grundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz erhalten.
Düsseldorf (dpa) - Einem im Bordell überfallenen Mann hat das Sozialgericht in Düsseldorf eine Grundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz zugesprochen. Er solle monatlich knapp 600 Euro erhalten, entschied das Gericht am Donnerstag - verbunden mit deutlicher Kritik an den Ermittlungen der Kölner Polizei und Staatsanwaltschaft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der Kläger war nach eigener Darstellung 2008 in einem Bordell in Köln mit einem Baseballschläger zusammengeschlagen worden. Blutüberströmt und schwer am Kopf verletzt wurde er mit einem Taxi in ein Krankenhaus gebracht. Er hat nach Aussage eines Gutachters eine Erwerbsminderung von 90 Prozent, leidet weiter unter der Gewalttat und ist depressiv.
Die Polizei hatte keinen Täter ermittelt; das Verfahren wurde eingestellt. Deshalb lehnte der Landschaftsverband Rheinland (LVR) als zuständige Behörde eine Opferentschädigung ab. Für den LVR war der Beweis nicht erbracht, dass der 1970 geborene Mann durch einen „vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff“ geschädigt wurde. Dagegen ging das Gericht in seinem Urteil wegen unzureichender polizeilicher Ermittlungsarbeit von einer Umkehr der Beweislast zugunsten des Klägers aus.
Der Richter rügte die Ermittlungen, etwa dass die Videos des Puffs, die nach einem Tag automatisch gelöscht werden, nicht rechtzeitig beschafft wurden. Auch seien weder der Taxifahrer noch Türsteher oder die Prostituierte befragt worden. Sogar ein Mann, der von einem Zeugen zu 80 Prozent als Täter identifiziert wurde, sei nicht vernommen worden. „Das ist alles komplett unterblieben“, sagte Richter Martin Schillings. Das Gericht spekulierte in der Verhandlung sogar, ob „das etwas damit zu tun hat, dass der Kläger Türke ist?“.
„Bei ordnungsgemäßen Ermittlungen hätte jedenfalls eine Gewalttat nachgewiesen werden können“, erklärte das Sozialgericht. Dies hätte für einen Anspruch des Klägers ausgereicht. Unzureichende Ermittlungen nach einer Straftat könnten nicht zulasten des Betroffenen gehen. Daher sei die staatliche Opferentschädigung zu gewähren.