Gericht stoppt vorerst Rodungen im Hambacher Wald

Für die Umweltschützer war es ein Rennen gegen die Zeit: Stunde um Stunde fielen die Bäume im Hambacher Wald. Es gab Protestaktionen und auch Gewalt. Jetzt herrscht erst einmal Ruhe. Richter haben die Rodungen gestoppt. Vorerst.

Im Hambacher Wald haben am Montag die umstrittenen Rodungsarbeiten begonnen. Rund 200 Demonstranten aus der Waldbesetzer-Szene versuchen diese zu verhindern. Jetzt stoppte vorerst ein Gericht die Rodungen.

Foto: Marius Becker

Münster. Morgens hallte noch das Kreischen der Sägen durch den Hambacher Wald, Bäume fielen, die Polizei räumte Blockaden der Protestler weg - dann am Nachmittag diese überraschende Nachricht: Das Oberverwaltungsgericht Münster hat die umstrittenen Rodungen im am Braunkohletagebau Hambach vorerst gestoppt. Laut Urteil musste das Land Nordrhein-Westfalen sicherstellen, dass von Dienstag 18 Uhr an nicht mehr gefällt wird. Das Gericht will nach eigenen Angaben damit verhindern, dass bis zur einer Entscheidung über eine Beschwerde des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND/NRW) mit den Kettensägen Fakten geschaffen werden. Der Energiekonzern RWE wollte sich dazu noch äußern.

Der Rodungsstopp gelte so lange bis das Oberverwaltungsgericht über eine Beschwerde des BUND gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln entschieden habe. Das Verwaltungsgericht Köln hatte darin nur einem kleinen Teil des Hambacher Waldes einstweiligen Rechtsschutz gewährt. Demnach durfte der Energiekonzern RWE auf 56 Hektar vorerst nicht roden, wohl aber auf den restlichen 173 Hektar. Dagegen hatte der Bund für Umwelt und Naturschutz Nordrhein-Westfalen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt.

Seit Jahren streiten Naturschützer und Braunkohlegegner für den Erhalt des uralten Hambacher Waldes. RWE rodet den Wald, um den Braunkohleabbau im Tagebau Hambach fortsetzen zu können. Der Konflikt hatte sich in den vergangenen Jahren zugespitzt. Mit den am Montag begonnenen Rodungen sollte der Kernwald bis Ende Februar verschwinden.

Die Entscheidung des OVG gebe dem Energiekonzern RWE und dem Land Nordrhein-Westfalen einen Spielraum, noch einmal über einen Vergleichsvorschlag der Kölner Verwaltungsrichter nachzudenken, sagte BUND-Geschäftsleiter Dirk Jansen. Nach diesem Vorschlag sollte der Hambacher Wald verschont werden, die Braunkohleförderung aber weiterlaufen. RWE hielt das bergtechnisch für nicht machbar.

Jenseits der gerichtlichen Auseinandersetzung müsse Ministerpräsident Armin Laschet das Zeitfenster für eine politische Lösung nutzen, sagte auch die Vorsitzende der Landtagsfraktion der Grünen, Monika Düker. „Seine Landesregierung steht jetzt in der Verantwortung, zwischen den Parteien zu vermitteln mit dem Ziel, die Rodungen solange auszusetzen, bis eine neue Bundesregierung über den Kohleausstieg entschieden hat.“

Im Falle weiterer Rodungen befürchtet die Polizei eine Verschärfung der Gewalt im Hambacher Wald. Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach schloss am Dienstag den Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken nicht aus, wenn Protestler etwa eine Polizeikette durchbrechen und damit sich und andere in Gefahr bringen würden. Unter diesem Aspekt sei der von Protestlern kritisierte Einsatz von Pfefferspray am Montag notwendig gewesen.

Die Polizei stellte nach eigenen Angaben eine Reihe an potenziellen Angriffs-Gegenständen in dem Waldgebiet sicher: „Bitumen-Bomben“, Krähenfüße, mit Nägeln präparierte Bretter und auch Christbaumkugeln gefüllt mit noch nicht analysierten chemischen Substanzen - mutmaßlich mit Reiniger, Säuren, Benzin oder anderen brennbaren Stoffen. dpa