Germanwings-Absturz trifft Lufthansa-Konzern ins Mark
Frankfurt/Main (dpa) - Bis zu diesem Dienstag hatte die Marke Germanwings im Lufthansa-Konzern einen guten Klang.
Doch mit dem schrecklichen Absturz eines 24 Jahre alten Airbus-Jets vom Typ A320 in den französischen Alpen verbindet sich mit dem Namen der Kölner Lufthansa-Tochter auf einen Schlag nicht nur Trauer um wahrscheinlich 150 Todesopfer. Für den Konzern steht damit der Nimbus der technischen Zuverlässigkeit auf dem Spiel.
Obwohl am Absturztag aus Respekt vor den Opfern keiner der Offiziellen darüber reden will: Der Crash trifft das Unternehmen wirtschaftlich ins Mark. Hohe Pensionslasten, Fehlspekulationen beim Kerosin und die fortgesetzten Arbeitskämpfe haben den Gewinn des Dax-Konzerns im vergangenen Jahr fast auf Null schmelzen lassen.
Noch ist nicht entschieden, ob Konzernchef Carsten Spohr die widerspenstigen Piloten und auch die übrigen Berufsgruppen auf einen harten Sparkurs bringen kann. Den Beweis, das Lufthansa neben einem Premium-Angebot auch billig kann, muss der gelernte Pilot ebenfalls noch antreten.
Die Börse hat die negativen Folgen des Unglücks für das Unternehmen in einem ersten Schritt schon mal vorweggenommen und den Aktienkurs fast ans Ende des Börsenbarometers Dax geschickt. Für den größten Luftverkehrskonzern Europas steht viel auf dem Spiel. Technische Sicherheit und organisatorische Zuverlässigkeit gehören zum Markenkern, den Spohr schon häufig beschworen hat. Die letzten Abstürze von Lufthansa-Maschinen liegen bereits Jahrzehnte zurück und forderten auch deutlich weniger Todesopfer.
„Für die Lufthansa entsteht ein erheblicher Vertrauensschaden, der auch nicht ohne weiteres wieder zu bereinigen ist“, sagt beispielsweise der Analyst Jochen Rothenbacher von der Equinet Bank. Selbst wenn die Fluggesellschaft selbst keine Schuld treffe, bleibe in der Wahrnehmung der Kunden doch immer Negatives hängen. Auch der Flugzeughersteller Airbus könnte nach Analysteneinschätzungen in wirtschaftliche Mitleidenschaft gezogen werden, falls ungünstige Details zur Absturzursache bekannt würden.
Trotz beachtlicher Erfolge in den vergangenen zwei Jahren soll der Markenname Germanwings demnächst in der Versenkung verschwinden. Lange vor dem Unglück hat die Lufthansa Pläne bekanntgegeben, dass sie ab diesem Herbst abseits ihrer Drehkreuze Frankfurt und München nur noch unter dem Markennamen „Eurowings“ günstig unterwegs sein will. Die 58 „Germanwings“-Jets sollen zwar nicht erneut umlackiert werden, die Tickets aber nur noch unter Eurowings buchbar sein.
Hintergrund sind deutliche Kostenvorteile bei der Euro-Tochter. Während die Piloten der Germanwings zu fast den gleichen Komfort-Bedingungen arbeiten wie ihre Kollegen bei der Lufthansa, verdienen Eurowings-Piloten deutlich weniger. Germanwings ist mit ihren derzeit noch 58 Maschinen dem Management nicht mehr billig genug: Die Stückkosten der Airline liegen zwar rund 20 Prozent unter der Lufthansa-Mutter, aber auch weitere 20 Prozent oberhalb der Konzernschwester Eurowings (23 Jets) und ausländischer Wettbewerber.
Wie lange es das Unternehmen Germanwings noch gibt, hängt nicht zuletzt von den Tarifgesprächen mit der Vereinigung Cockpit (VC) ab. Lufthansa hat bereits damit gedroht, die teuren Germanwings-Piloten so schnell wie möglich zur Lufthansa zu versetzen. Eine Maschine nach der anderen könnte dann zur Billigschwester Eurowings wechseln und von günstigeren Piloten geflogen werden.