Ausgeschlafen? Schlafmangel wird zum Problem

Mainz (dpa) - Der größte Feind des Schlafes ist die Anspannung, sagen Experten. In der kommenden Woche treffen sie sich auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin in Mainz.

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Dort diskutieren sie neben den Ursachen für schlechten Schlaf auch Auswirkungen auf das Privat- und Berufsleben. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Wie viele Stunden schläft ein Deutscher im Durchschnitt täglich?

„Unsere durchschnittliche tägliche Schlafdauer liegt bei 7 Stunden und 15 Minuten“, sagt Alfred Wiater, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin. Wie viel Schlaf jeder von uns braucht, ist aber sehr unterschiedlich. Das hänge von den individuellen sozialen Umständen und auch von der genetischen Disposition ab, erklärt Schlafmediziner Peter Young von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. „Schlaf muss eine hohe Priorität im Leben haben“, sagte er laut Mitteilung.

Wie viele Menschen leiden unter Schlafstörungen?

In Deutschland sind es rund sechs Prozent der Bevölkerung, die nicht richtig ein- oder durchschlafen können und eine Behandlung benötigen. Sie sind deshalb weniger leistungsfähig und ihr Wohlbefinden leidet. Experten sehen darin eine große Gefahr. „Wir leben in einer 24-Stunden-Gesellschaft, sind ständig erreichbar, ständig mit dem Arbeitsplatz und anderen Menschen verbunden. Das Abschalten fällt uns einfach immer schwerer“, sagt der Psychologe und Leiter eines pfälzischen Schlafzentrums, Hans-Günter Weeß. Eine repräsentative Umfrage der Max Grundig Klinik im baden-württembergischen Bühl ergab, dass 41 Prozent der Deutschen Angst vor Schlaflosigkeit haben.

Welche Ursachen und Folgen können Schlafstörungen haben?

Organische Erkrankungen, psychische Störungen, Schichtarbeit und auch Medikamente können als Nebenwirkung Schlafstörungen hervorrufen. Doch es gibt einen Faktor, der laut Expertenmeinung bislang zu selten berücksichtigt wird: „Das ist die innere Einstellung des Patienten zur Nacht und zum Schlaf“, sagt Weeß. Den Betroffenen gelinge es oft nicht, sich vom Alltag zu verabschieden. Schlafgestörte machen sich häufig im Bett Gedanken über Alltagsprobleme, oftmals auch über Banalitäten. „Das erhöht die Anspannung. Und die Anspannung ist der größte Feind des Schlafes.“ Schlafmangel steigere das Herz-Kreislauf-Risiko, genauso wie das Diabetesrisiko.

Wie verhält es sich mit der Partnerschaft während der Schlafphase?

„Bei objektiven Messungen schlafen Frauen im gemeinsamen Schlafzimmer schlechter, Männer hingegen besser“, sagt Weeß. Subjektiv erleben jedoch beide den Paarschlaf als angenehmer. „Frauen sagen trotzdem, dass sie zu zweit besser schlafen als allein.“ Da kommt die Psychologie ins Spiel: „Das gemeinsame Schlafen bietet für beide Geschlechter ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit.“ Den Grund für den objektiv schlechteren Schlaf der Frau kann man evolutionsbiologisch erklären. Sie seien genetisch so programmiert, dass sie für das Wohl der Familienmitglieder und Kinder zuständig sind - auch nachts. „Sie schlafen sozusagen an ihrem Arbeitsplatz.“

Beeinflusst das Handy unseren Schlaf?

„Wir wissen von Jugendlichen, wenn sie vor dem Einschlafen und später im Bett noch viel mit dem Handy daddeln, dass sie schlechter schlafen“, sagt Weeß. Das Abschalten falle immer schwerer. Sie haben weniger Schlaf und sind am Tage weniger ausgeschlafen.

Ranghohe Politiker und Manager schlafen oft nur wenige Stunden am Tag - wie schaffen sie es trotzdem, ihre wichtigen Jobs auszuführen?

„Vielleicht zählt die eine oder andere Politikerin oder der eine oder andere Politiker zu den Kurzschläfern und ist daher trotz wenig Schlaf voll leistungsfähig“, vermutet Wiater. Zu bedenken sei aber, dass Schlafmangel zu „realitätsfernem Optimismus und erhöhter Risikobereitschaft führen kann.“ Wiater betont: „Daher sollten sich Politikerinnen und Politiker über den Stellenwert erholsamen Schlafes für verantwortungsvolles Handeln im Klaren sein.“

Was bringen Gesundheits-Apps und Schlaftracker-Armbänder?

Solche Hilfsmittel sollten laut Experten nur eingesetzt werden, wenn sie auch wissenschaftlich überprüft wurden. Es bestehe ansonsten die Gefahr, dass man falsche Schlüsse aus den gewonnenen Daten zieht und es eher zu einer Verunsicherung kommt, statt zur Förderung der Gesundheit.