Berlin tanzt - Merkel und Piraten fehlen
Berlin (dpa) - Auf eine tätowierte First Lady warten die Gäste des Bundespresseballs in diesem Jahr vergeblich. Auch längere Küsse im Blitzlichtgewitter des Eröffnungswalzers wie im vergangenen Jahr beim Ehepaar Wulff sind an diesem Freitagabend unwahrscheinlich.
Bundespräsident Joachim Gauck und seine Freundin Daniela Schadt sind zwar traditionell die wichtigsten Ballgäste. Doch ihr Auftritt dürfte zurückhaltender ablaufen als beim Amtsvorgänger und seiner Frau. Damit fügen sie sich gut ein in die Menge der 2500 Gäste im Berliner Hotel Intercontinental. Exzentrische Posen oder schrille Auftritte sind nicht das Markenzeichen des Bundespresseballs. Als Höhepunkte für die Fotografen gelten meist schon die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth in - originellerweise - grüner Stoffpracht oder der tätowierte Rücken einer Fernsehmoderatorin aus dem Frühprogramm.
Die Prominenz rekrutiert sich vorwiegend aus Politik, Wirtschaft und Medien und trägt Smoking und dezent ausgeschnittenes Ballkleid. Sechs Bundesminister haben zugesagt, darunter Vizekanzler Philipp Rösler, Innenminister Hans-Peter Friedrich und Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Außerdem Ministerpräsidenten, Abgeordnete, Manager und Chefredakteure.
Gut besetzt ist die Riege der Fernsehgesichter: Die Moderatoren Caren Miosga, Gabi Bauer und Heiner Bremer kündigten sich ebenso an wie die Chefredakteure Ulrich Deppendorf und Peter Frey. Dazu die Schauspieler Andrea Sawatzki und Christian Berkel.
Der prominenteste Korb für die Veranstalter von der Bundespressekonferenz, dem Zusammenschluss der Hauptstadtjournalisten, kam wie immer in den vergangenen Jahren von Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Sie hat die Tradition, zu den ersten Absagen zu gehören“, sagte Gregor Mayntz, Vorsitzender der Bundespressekonferenz.
Mit Bedauern registrierten die Veranstalter auch den Ausfall der SPD-Spitze um den Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück und das Fernbleiben der im vergangenen Jahr überraschend aufgetauchten Piraten wegen eines Parteitags. Kurzfristig abgesprungen sind auch Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (Haushaltsverhandlungen in Brüssel) und Umweltminister Peter Altmaier („Er hat lange mit sich gerungen“).
Dabei hätte gerade der Umweltminister, bekennender Freund gehaltvoller Nahrungsmittel und Getränke, Erfüllung finden können. Für das Menü im Ballsaal (Eintrittskarten bis zu 500 Euro oder Sponsoreneinladung) plante Sternekoch Thomas Kammeier Lachs, Heilbutt, Rind und Nougatvariationen.
Im deutlich günstigeren Flanierbereich verpassen Altmaier und die Kanzlerin Buffets mit Austern (6500 Stück), Hühnchen (200 Stück), Thunfisch (180 Kilo) oder Lammkoteletts (70 Kilo). Außerdem Pulpowürfel, ayurvedisches Curry, 5000 Flaschen Wein, Sekt und Champagner und die traditionelle Mitternachts-Wurst.
Das diesjährige Motto des Balls lautete „Perpetuum Mobile“. Die Ballzeitung erläuterte, der Berliner Politikbetrieb produziere „aus sich selbst heraus jede Menge Energie und Aufgeregtheit“, um „im gleichen Moment genauso viel Aufregung und Energie zu verbrauchen“. Physikalisch unmöglich, politisch plausibel.