Ermittlungen eingestellt Böhmermann kritisiert türkische Politik
Köln (dpa) - TV-Satiriker Jan Böhmermann hat sich lange zurückgehalten, am Mittwoch meldete er sich mit einer „persönlichen Stellungnahme“ zu Wort.
Das Ende der Ermittlungen gegen ihn wegen seines „Schmähgedichts“ kommentierte er mit deutlicher Kritik an der türkischen Politik: „Im Vergleich zu dem, was kritische Journalisten, Satiriker oder Oppositionelle in der Türkei damals und auch jetzt gerade durchmachen, ist dieses ganze Theater um die Böhmermann-Affäre schon wieder ein großer trauriger Witz“, erklärte der 35 Jahre alte Moderator und Grimme-Preisträger in einem YouTube-Clip. Auch den Wirbel, den das Gedicht in Deutschland ausgelöst hatte, kommentierte er mit einer Spitze: „Wenn ein Witz eine Staatskrise auslöst, ist das nicht das Problem des Witzes, sondern des Staates.“
Böhmermann hatte Ende März ein „Schmähkritik“ überschriebenes Gedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ vorgetragen. Die Staatsanwaltschaft ermittelte darauf unter anderem wegen Verdachts auf Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts gegen ihn. Am Dienstag erklärte sie, nicht weiter zu ermitteln. Regierungssprecher Steffen Seibert wollte diese Entscheidung am Mittwoch nicht kommentieren: „Es ist alles gesagt.“
Dagegen nannte es der deutsch-türkische Abgeordnete Mustafa Yeneroglu einen „Skandal“, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Böhmermann eingestellt habe. Das sei „ein Armutszeugnis für die deutsche Justiz“, so der Erdogan-Vertraute. „Dass eine derart offensichtliche Verletzung eines Straftatbestandes mit juristischen Taschenspielertricks und bester haarspalterischer Manier nicht weiterverfolgt wird, hätte ich als in Deutschland ausgebildeter Jurist nicht für möglich gehalten.“
Der Münchner Anwalt des türkischen Präsidenten will rechtlich gegen die Einstellung des Böhmermann-Verfahrens vorgehen: „Ich kann bestätigten, dass die Beschwerde eingelegt werden soll“, sagte Michael-Hubertus von Sprenger. Und ganz zu Ende ist die Böhmermann-Affäre ohnehin nicht: Vor der Zivilkammer des Landgerichts Hamburg geht es am 2. November in mündlicher Verhandlung noch einmal um Böhmermanns Gedicht „Schmähkritik“. Der türkische Präsident will erreichen, dass der gesamte Text verboten wird. Das Landgericht hat Böhmermann in einer einstweiligen Verfügung bereits untersagt, große Teile seines Gedichts öffentlich zu wiederholen.
Böhmermanns Sendung „Neo Magazin Royale“ ist erstmals nach der Mainzer Entscheidung an diesem Donnerstag zu sehen - wie gewohnt zunächst ab 20.15 Uhr in der Mediathek, dann ab 22.15 Uhr auf ZDFneo. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft vom Dienstag dürfte dann sicher ein Thema sein. Den entsprechenden Hashtag hat Böhmermanns Team schon getwittert: „#CriminalMainz“.