Chris Howland: Gekommen, um zu bleiben

Chris Howland ging ohne Sprachkenntnisse in das besetzte Deutschland — und wurde hier zu einem der beliebtesten Entertainer.

Rösrath/Köln. Wenn man Chris Howland in seinem Haus in Rösrath besuchte, dann holte er immer einen alten Holzkoffer hervor. Mit ihm war er im Jahr 1946 aus England nach Deutschland gekommen. Geräuschvoll ließ er die Schlösser aufschnappen, hob den Deckel an, und dann ging es los: „Oh, what’s that . . ?“

Stundenlang konnte Howland alte Fotos durchwühlen, Erinnerungen hervorkramen, Geschichten erzählen. Er kannte alle, die in der Nachkriegszeit bei Radio und Fernsehen eine Rolle gespielt hatten. Nun ist „Mr. Pumpernickel“ mit 85 Jahren gestorben.

Sein starker englischer Akzent war sein Markenzeichen — und keineswegs gespielt. Mit seiner deutschen Frau Monika sprach er nur Englisch. Dass er jemals in Deutschland leben würde, hätte er als junger Mann nie für möglich gehalten.

Denn seine ersten Kontakte mit Deutschen waren nicht gerade erfreulich. „Immer um zehn Uhr morgens flog die erste Bomberstaffel über das Haus meiner Eltern nach London“, erinnerte er sich. Man habe die Uhr nach ihnen stellen können, damals, im Sommer 1940.

Sechs Jahre später wanderte er durch das zerbombte Hamburg und suchte den Sitz des Radiosenders der britischen Armee, wo er einen Sprecher-Job bekommen hatte. Im Alter wunderte er sich darüber, wie er damals den Mut aufbrachte, ohne Sprachkenntnisse nach Deutschland zu gehen.

Als er nach zwei Gin Tonics am Funkhaus des damaligen Nordwestdeutschen Rundfunks vorbeikam, wettete ein Freund mit ihm, dass er sich nicht trauen werde, hineinzugehen und sich um einen Job als Discjockey zu bewerben. Howland nahm die Wette an — und bekam am selben Tag die Zusage.

Die deutschen Sender spielten damals fast nur Klassik. „Smoking-Rundfunk“ sagte Howland dazu. Er war es, der dem deutschen Publikum die internationale Musikszene erschloss. Woche für Woche bekam er dafür 40 000 Fanbriefe. Einmal verabschiedete er sich aus Spaß mit dem erfundenen Namen Heinrich Pumpernickel, weil er einen missmutigen Studiotechniker aufheitern wollte — so bekam er seinen Spitznamen.

Die Bühne betrat der Mann mit dem etwas phlegmatischen Blick erstmals auf Drängen von Heinz Erhardt, den er selbst als seinen „Ersatzvater“ bezeichnete. Der geniale Komiker überredete ihn, mit auf Tournee zu gehen. Den größten Erfolg hatte er in den 1960er Jahren — mit der Schlagershow „Musik aus Studio B“, der Versteckte-Kamera-Sendung „Vorsicht Kamera“ und mit Filmrollen als komischer Engländer in Wallace-Filmen.

Doch Howland kannte auch die Schattenseiten: In den 70ern erlebte er einen Absturz. Private und berufliche Enttäuschungen, Alkoholprobleme, keine Aufträge mehr. Er musste durch Festzelte und Biersäle tingeln. Doch er überwand die Krise, heiratete wieder. In den 80er Jahren feierte er sein Comeback mit der Retroshow „Souvenirs, Souvenirs“.

War er zufrieden mit seinem Leben? Einer klaren Antwort auf diese Frage wich er aus. Er hatte wohl das Gefühl, dass ihm der ganz große Durchbruch oft im letzten Moment versagt worden war. „Mein Ziel war Hollywood“, scherzte er einmal im Interview. „Ich bin auch bis nach Hollywood gekommen — aber den Flug musste ich selbst bezahlen.“