Eine Disco-Queen für Malmö - Cascada umstritten
Hannover (dpa) - Ist Cascada perfekt oder peinlich? Nach dem Sieg der Dance-Pop-Band beim Grand-Prix-Vorentscheid ist eine heftige Diskussion entbrannt. Im Internet beschweren sich die einen über „Autoscooter-Mucke“, andere werfen Cascada-Sängerin Natalie Horler ein billiges Outfit vor.
Dabei hat sie doch in Hannover eine makellose Performance abgeliefert. Der von der ARD übertragene Vorentscheid hatte eine ziemlich schwache Einschaltquote. Und doch bewegt der europäische Gesangswettbewerb jetzt heftig die Gemüter.
Viele hätten lieber die Bläser-Combo LaBrassBanda am 18. Mai zum Eurovision Song Contest in Malmö ins Rennen geschickt. Die fünf Musiker mixen Ska, Punk, Polka, Funk, Reggae und Techno. Live barfuß in Lederhosen sind sie eine Wucht. Dann mussten sich die Ska-Bläser aber im komplizierten Abstimmungsverfahren knapp geschlagen geben, vor allem weil sie bei der Jury durchfielen. Radiohörer hatten die Bayern klar vorgezogen. „Wir wollen nur Musik machen, mehr können wir halt nicht. Eine Glitzer- und Glamour-Show würde bei uns nicht funktionieren“, erklärte Frontmann Stefan Dettl später.
Auch wenn sie ganz andere Musik macht, steht ESC-Gewinnerin Lena Disco-Queen Natalie Horler im Sturm der Entrüstung bei. „Sie ist eine Glitzerfrau“, sagt die 21-Jährige. Der Song „Glorious“ passe gut zu ihr. „Ich bin ein Fan von solchen Songs, weil man dazu tanzen kann, man kann mitsingen, mitgrölen.“ Im Internet dagegen wird derweil geätzt, der deutsche Beitrag sei ein Abklatsch von „Euphoria“, dem ESC-Gewinnersong 2012. Noch eine deutsche Plagiatsaffäre? „Das sind zwei unterschiedliche Lieder“, sagt Horler nach dem Gewinn des Vorentscheids auf die Frage nach der Nähe zu Loreens Siegertitel.
Die Frontfrau von Cascada ist am späten Donnerstagabend völlig überwältigt und bekommt das Strahlen nicht mehr aus dem Gesicht. Trotz weltweit 30 Millionen verkaufter Tonträger hat sich die Tochter eines britischen Jazzmusikers nicht als Favoritin unter den zwölf Kandidaten bei „Unser Song für Malmö“ gesehen. Wäre es wie in früheren Jahren nur auf die Stimmen der Fernsehzuschauer angekommen, hätte das Bonner Trio von vornherein einsam an der Spitze gelegen. Nur wegen des neuen Verfahrens kam die Voting-Debatte überhaupt auf.
Anke Engelke moderierte die Show mit ironischem Witz. „Was hatten wir nicht schon alles beim ESC?“, fragte die Gastgeberin bei der Anmoderation der Band Die Priester: „Rappende Omas, singende Zombies, Zwillinge mit ADHS, Stefan Raab“. Unter den zwölf Kandidaten stach Cascada nicht nur durch die besondere Professionalität der Darbietung heraus. Die Sängerin inszenierte sich im knappen Outfit mit Korsage und superkurzem Minirock auf der Showtreppe perfekt, sie wurde umweht von Glitter. Das könnte bei Europas TV-Zuschauern gut ankommen.
LaBrassBanda hätte beim europäischen Publikum sicherlich einen originelleren Eindruck von Deutschland hinterlassen. Dass Cascada wie die No Angels vor fünf Jahren auf dem letzten Platz landen werden, steht allerdings nicht zu befürchten. Horlers doppelte Staatsbürgerschaft sichert Deutschland schon mal Stimmen aus England. Auf der Insel stieg ihre Single „Evacuate The Dancefloor“ 2009 übrigens auf Platz eins in die Charts ein und verdrängte sogar den kurz zuvor gestorbenen Michael Jackson von der Spitze.