„Ekel Alfred“-Erfinder Wolfgang Menge ist tot

Berlin (dpa) - Wolfgang Menge, Erfinder von „Ekel Alfred“ und Schöpfer des medienkritischen TV-Spektakels „Millionenspiel“, ist tot. Der Film- und Fernsehautor starb am Mittwoch im Alter von 88 Jahren in einem Berliner Krankenhaus, wie ein Sprecher der Familie der Nachrichtenagentur dpa sagte.

Menge begeisterte das Fernsehpublikum mit TV-Serien wie „Ein Herz und eine Seele“ (25 Folgen zwischen 1973 und 1976) mit der von ihm erfundenen Figur Alfred Tetzlaff, genannt „Ekel Alfred“ - gespielt von Heinz Schubert. Nach der Wiedervereinigung ließ er den Berliner Frührentner „Motzki“ über die „Ossis“ herziehen - und erntete vor allem im Osten damit viel Beifall.

Schon vorher hatte Menge 1970 mit dem visionären Spektakel „Das Millionenspiel“ Aufsehen erregt. Darin geht es um eine Spielshow, in der ein Kandidat (Jörg Pleva) eine Million Mark gewinnen kann, wenn er eine Hetzjagd von Killern überlebt. Menge war 1974 Mitbegründer der Radio-Bremen-Talkshow „III nach Neun“, heute „3nach9“.

Monika Piel, ARD-Vorsitzende und Intendantin des Westdeutschen Rundfunks, erklärte, Menge habe ein Lebenswerk geschaffen, das im deutschen Fernsehen seinesgleichen suche. „Scharfzüngig, witzig und zuweilen politisch unkorrekt zeige „Ein Herz und eine Seele“, wie niveauvolle Unterhaltung und ein breiter Publikumserfolg zusammengehen können.

Radio Bremen-Intendant Jan Metzger erklärte, Menge habe für das Fernsehen „handwerkliche und moralische Maßstäbe“ gesetzt. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nannte Menge „einen großen Sohn“ der Stadt. An diesem Samstag wiederholt das erste Programm zwei Folgen von „Ein Herz und eine Seele“: Um 12.03 Uhr den „Besuch aus der Ostzone“, um 12.50 Uhr „Schlusswort“.

Geprägt wurde der 1924 in Berlin geborene Autor von seinem Familienschicksal. Die Nazis ermordeten alle Angehörigen seiner jüdischen Mutter. Nach dem Krieg wurde er Reporter beim German News Service, dem Vorläufer der Deutschen Presse-Agentur dpa. 1949 ging er zum „Hamburger Abendblatt“. Als Korrespondent für „Die „Welt“ berichtete er ab 1954 aus Tokio und Hongkong über Ostasien.

Schon früh zeigte Menge seine Begabung, politische Fragen mit spannender Unterhaltung zu verbinden, etwa in der für den Hörfunk geschrieben Dialogreihe „Adrian und Alexander“, aus der später die TV-Serie „Hallo Nachbarn“ entstand. Er schrieb Drehbücher zu Filmen wie „Strafbataillon 999“ oder „Polizeirevier Davidswache“ und später für den „Tatort“-Vorläufer „Stahlnetz“.

Seinen größten Erfolg hatte Menge mit der Satire „Ein Herz und eine Seele“. In der Zeit der Studentenproteste schuf er mit dem Sozi-Hasser „Ekel Alfred“ aus dem Ruhrpott den Inbegriff des westdeutschen Spießers. An der Seite des reaktionären Familienoberhaupts trat als Ehefrau Elisabeth Wiedemann auf, die Tochter spielte Hildegard Krekel und den Schwiegersohn Diether Krebs.

Immer wieder kehrte Menge zu den Geschichtsthemen zurück. Für den WDR drehte er einen Fünfteiler über den Alltag in Preußen, zur 750-Jahre-Feier Berlins porträtierte er das Leben in der deutschen Hauptstadt zwischen 1938 und 1944. 2001 zeichnete er im Film „Eine tödliche Liebe“ die verhängnisvolle Affäre zwischen dem früheren Bundeswehr-General Gerd Bastian und der von ihm in den Tod gerissenen Grünen-Politikerin Petra Kelly.

Im Oktober 2002 wurde Menge mit dem Deutschen Fernsehpreis für sein Lebenswerk geehrt. Mit seinen realitätsnahen wie visionären Geschichten habe er das deutsche Fernsehen wie kein anderer geprägt, hieß es bei der Verleihung. Menge hinterlässt eine Frau und drei Söhne. Die Trauerfeier soll nächste Woche im engsten Familienkreis stattfinden.