„Fuck you hipsters“: Häme gegen Szenemenschen
Berlin (dpa) - Sie tragen Hornbrillen, Röhrenjeans und Jutebeutel, wohnen in Altbauwohnungen und machen beruflich irgendwas mit Medien. Die Szenemenschen von Berlin, London oder New York wollen individuell sein, anders als der Mainstream.
Dabei sehen sich die sogenannten Hipster alle ähnlich. Jetzt schlägt den Szenegängern nun zunehmend Häme entgegen - auf YouTube und in Blogs ebenso wie auf Partys. „Hier in Kreuzberg rennen die zu Tausenden rum. Und sehen alle gleich aus“, schreibt ein Nutzer namens Alex im Berliner Blog „Spreeblick“. „Man trifft einfach keine authentischen Menschen mehr, weil einfach jeder Szene sein möchte“, schreibt ein anderer.
Nutzer des Blogs haben YouTube-Clips mit dem Titel „Fuck you hipsters“ hochgeladen. Außerdem gibt es eine ironische Anleitung, ein Szenemensch zu werden: „Unbedingt, und zu allererst, muss ein Jutebeutel angeschafft werden.“
Mit ihrem Hass auf Hipster sind sie nicht allein. In New York und Washington haben Künstler ihre Aversion bereits kreativ verarbeitet - und Fallen für Hipster aufgestellt. Der Köder: Sonnenbrille, Kultgetränk und eine analoge Fotokamera - alles beliebte Accessoires der Szene. In Berlin war man von der Idee sofort begeistert. „Das brauchen wir auch“, posteten Hauptstädter bei Facebook - und laden zu Anti-Hipster-Partys ein.
Warum erhitzt der Szene-Einheitslook derart die Gemüter? Der New Yorker Autor und Geschichtswissenschaftler Mark Greif („Hipster“, Suhrkamp) hat darauf eine Antwort, die die Kritiker nicht erfreuen dürfte: „Ein Großteil des Hipster-Hasses kommt von anderen Hipstern“, glaubt er. Er sieht die Antipathie auch als Form des Wettbewerbs, wer das bessere Outfit hat. Nach dem Motto: „Dein Look ist nicht authentisch, weil du dich offensichtlich zu sehr bemühst.“
Tatsächlich haben es Nachahmer mittlerweile leicht. „Hipster-Accessoires sind Massenprodukte geworden“, sagt Greif. Glaslose Hornbrillen, Jeanshemden, Röhrenjeans oder Armee-Parka - die typische Szene-Kleidung gibt es mittlerweile nicht nur auf Hinterhof-Flohmärkten, sondern auch bei H&M und Zara.
„Hipster greifen einen Stil auf, der ursprünglich von wirklichen Subkulturen kommt“, erklärt Greif. Viele ihrer Erkennungsmerkmale hätten einen ernsten Hintergrund. Heute gehe es oft aber nur noch um die Optik. Ein Beispiel dafür ist Greif zufolge der derzeit angesagte Vollbart. Jemand, der sich Barthaar stehen lasse, breche nicht unbedingt mit der Gesellschaft, sondern wolle sich mittlerweile vielleicht nur seinen Nachbarn anpassen.
Auf der Webseite „Look at this fucking hipster“ werden satirische Fotos und Videos von Menschen mit bärtigem Gesicht und Hornbrille hochgeladen. Eines der Bilder zeigt zwei Männer mit Waldschrat-Bartwuchs und teilweise nackten Füßen. Statt im Wald sind sie allerdings in einem Café zu finden - natürlich mit weißem Laptop auf dem Tisch. Mittlerweile gibt es die Sammlung auch als Buch. Mit der Häme gegen Hipster lässt sich also Geld verdienen.
Per Online-Shop vertreibt eine Firma beispielsweise Tassen, T-Shirts oder Unterhosen mit der Aufschrift „Look at this fucking hipster“. Verschifft wird nach Australien, in die USA, nach Kanada und nach Deutschland. Die Macher scheinen allerdings zu ahnen, dass viele Kunden im Grunde selbst gern Szenegänger wären - und bieten noch ein anderes Accessoire mit dem Aufdruck an - die Jutetasche.