Gottschalk, Schmidt und das Ende einer TV-Ära
Berlin (dpa) - Die Absetzung der beiden kam dann doch schneller als gedacht: Auch wenn Thomas Gottschalk (61) und Harald Schmidt (54) zuletzt fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit sendeten - also nur noch einige Hunderttausend statt vieler Millionen Zuschauer begeisterten - so erscheint das bevorstehende Aus ihrer aktuellen Fernsehsendungen wie das Ende einer ganzen TV-Ära.
Natürlich ist nicht ausgeschlossen, dass die beiden Herren in anderen Formaten wieder auftauchen und die Fernsehzuschauer weiter bespaßen. Doch erstmal ist Schluss: „Die Harald Schmidt-Show“ bei Sat.1 kommt am 3. Mai zum letzten Mal am späten Abend, die ARD-Show „Gottschalk Live“ vor der 20-Uhr-„Tagesschau“ dann am 7. Juni.
„Das Frühjahr 2012 geht als Herbst der Patriarchen des deutschen Fernsehens in die Annalen ein“, kommentierte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom Donnerstag. Gemeint waren in erster Linie Gottschalk und Schmidt, auch wenn man an dieser Stelle ebenfalls über den sinkenden Zuspruch für frühere Quotenbringer wie Dieter Bohlen, Kai Pflaume oder Linda de Mol schwadronieren könnte. Eher fest im Sattel sitzt dagegen noch Günther Jauch.
Doch zurück zu den beiden „Patriarchen“: Schmidt und Gottschalk lockten in früheren Zeiten mehr als zehn Millionen Zuschauer vor den Bildschirm - bei Gottschalk ist das dank „Wetten, dass..?“ noch gar nicht lange her.
Für den blonden Franken gaben die Marktforscher von Media Control eine Sonderauswertung von Einschaltquoten heraus: 2011 hatte er mit dem ZDF-Flaggschiff „Wetten, dass..?“ im Schnitt 10,58 Millionen Zuschauer. Zwischen 1995 und 1997 kam seine Sat.1-Show „Gottschalks Hausparty“ immerhin auf bis zu sechs Millionen.
Doch immer wenn „Thommy“ das Format der familientauglichen Prime-Time-Show verlassen wollte, fiel er auf die (Super-)Nase: Im Schnitt nur 1,54 Millionen Zuschauer sahen von 1992 bis 1995 die „Gottschalk Late Night“-Show bei RTL, nur 1,27 Millionen Ende der 90er Jahre die Sat.1-Nachmittagsspielshow „Gottschalk kommt!“. Die ARD-Show um 19.20 Uhr kam bislang im Schnitt auf etwa 1,4 Millionen.
Bei Schmidt liegt der Anspruch in Sachen Zuschauerzahl ganz woanders als bei Gottschalk, der als Quotenbringer für den schwachen ARD-Vorabend („Todeszone“) angeheuert worden war. Schmidt „muss man sich leisten wollen“, wie die „Süddeutsche Zeitung“ am Freitag schrieb. Er sei „immer auch Sender-Botschafter und Imageträger“ gewesen. „Dirty Harry“ gibt sich schon lange abgeklärt mit einem Nischendasein zufrieden.
Doch das war mal anders: Vor 20 Jahren übernahm Schmidt von Paola und Kurt Felix den Samstagabendklassiker „Verstehen Sie Spaß?“. Er moderierte die ARD-Show mit versteckter Kamera 16 Mal. Im Herbst 1992 legte er mit beachtlichen zwölf Millionen Zuschauern los, doch seine Moderation fiel in die Zeit des allgemeinen Quoteneinbruchs bei den öffentlich-rechtlichen Sendern. Kritiker hielten dem Schwaben vor, er treibe seine Späßchen zu sehr auf Kosten der Kandidaten. 1995 verließ Schmidt die ARD in Richtung Sat.1 und Late-Night-Show. Zur besten Sendezeit am Samstag hatte er es am Schluss nur noch auf etwa 4,8 Millionen Zuschauer gebracht.
Die Frage, ob Gottschalk und Schmidt nun endgültig abtreten und sozusagen Rentner werden, wie manche hoffen und manche fürchten, bleibt vorerst unbeantwortet. Der frühere „Dingsda“-Moderator Fritz Egner vermutete im „Zeit Magazin“, Schmidt mache die Absetzung nichts aus. Und zu Gottschalks Quotenproblemen meinte Egner: „Wer glaubt, dass ihn das fertigmacht, der überschätzt seinen Geltungsdrang.“
Die ARD-Vorsitzende Monika Piel sagte der Nachrichtenagentur dpa, Gottschalk werde nach dem Ende seiner Vorabendsendung zunächst eine „kreative Pause“ einlegen. Möglicherweise werde er später Sendungen im ARD-Hauptabendprogramm moderieren. Der Entertainer selbst sagte zu seinem Gast Pamela Anderson („Baywatch“) in der Donnerstagsausgabe seiner Show: „Im Herbst bin ich wieder in Malibu.“ Seine frühere Nachbarin freute sich.
„Sorgen muss sich um Thomas Gottschalk niemand“, meint die „Süddeutsche Zeitung“. „Er wird noch ein bisschen weiter Fernsehen machen, schon allein, um seinen Werbewert zu behalten, der ihm ja ordentliche Gagen ermöglicht.“
Und Schmidt? Der brachte sich in der RBB-„Abendschau“ ironisch als „kommenden FDP-Vorsitzenden von Berlin-Mitte“ ins Gespräch. Die Liberalen, die letzten Herbst aus dem Abgeordnetenhaus flogen, reagierten prompt: Maren Jasper-Winter, FDP-Bezirkschefin von Berlin-Mitte, hieß den Entertainer per Brief herzlich willkommen.