Hoffnung für insolvente „Frankfurter Rundschau“?
Istanbul (dpa) - Hat die „FAZ“ nun doch das Nachsehen beim Verkauf der insolventen „Frankfurter Rundschau“? Ein türkischer Verleger will sein Angebot verbessern, der FR-Betriebsrat schöpft vorsichtig neue Hoffnung.
So oder so: Die Insolvenz wird zahlreiche Arbeitsplätze kosten.
Mit seinem aufgestockten Angebot rechnet sich der türkische Verleger Burak Akbay gute Chancen aus für einen Kauf der insolventen „Frankfurter Rundschau“ („FR“). Er wolle das Blatt als deutschsprachige und überregionale Zeitung mit einem eigenen Druckhaus fortführen, kündigte Akbay in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa in Istanbul an. „Ich werde in dieser oder in der nächsten Woche ein genaueres Angebot vorlegen, wobei mein bisheriges Angebot auch schon präzise war.“
Er sehe eine wirtschaftliche Grundlage dafür, die „FR“ mit „mutigem Journalismus“ als landesweit bedeutende Zeitung zu erhalten, sagte Akbay. Neben dem Türken hat auch die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) Interesse an der angeschlagenen Traditionszeitung gezeigt.
Sein Plan sehe vor, in der Redaktion etwa 100 Stellen zu erhalten, sagte Akbay. Interessant sei auch das Onlinegeschäft der Zeitung. Auf künftige Gehälter angesprochen sagte er, er kenne die deutsche Tarifstruktur. „In der Türkei wird auch nicht mehr schlecht gezahlt.“
Für die Druckerei werde der Stellenplan von der Auftragslage abhängen, sagte Akbay weiter. Dort könnten nach seinen Vorstellungen zunächst die „FR“ und seine dann in Deutschland erscheinende türkische Tageszeitung „Sözcü“ gedruckt. Sie soll mit einer Startauflage von 20 000 bis 30 000 Exemplaren auf den Markt kommen. Er sei überzeugt, dass die Druckerei frühere Kunden zurückgewinnen könne, sagte Akbay.
Der Verleger ist Inhaber des türkischen Verlags- und Druckereihauses Estetik Yayincilik, das die regierungskritische „Sözcü“ herausgibt. Sie erscheint seit 2007, zunächst mit 70 000 Exemplaren, derzeit werden 275 000 Exemplare gedruckt, wie Akbay angibt. Der Verlag druckt und vertreibt auch internationale Zeitungen in der Türkei.
Der Betriebsratsvorsitzende der „FR“, Marcel Bathis, zeigte sich zurückhaltend: „Wir sind gespannt, was er zu bieten hat“, sagte er der dpa. Es wäre nach seiner Ansicht eine überaus überraschende Wendung, wenn doch noch mehr Arbeitsplätze gerettet werden könnten. Bathis forderte allerdings auch eine Entscheidung: „Wir sind es leid, diese emotionale Achterbahnfahrt mitzumachen und von Hoffnung in Hoffnungslosigkeit gestürzt zu werden.“
Derzeit prüft das Bundeskartellamt eine ebenfalls mögliche Übernahme der „FR“ durch die „FAZ“. Bis zum Mittwochmorgen war noch keine Entscheidung getroffen worden, die Prüfung könnte sich durch ein erweitertes Angebot des türkischen Verlegers noch verlängern. Die Bonner Wettbewerbshüter wollen klären, ob der Marktanteil der als linksliberal bekannten „Rundschau“ bei einem Verschwinden vom Markt ohnehin an die „FAZ“ fallen würde und ob es einen ernsthaften alternativen Käufer für die Zeitung gibt.
Die „Frankfurter Rundschau“ hatte im November angesichts massiver Verluste Insolvenz angemeldet. Insgesamt stehen rund 450 Arbeitsplätze auf dem Spiel, davon etwa die Hälfte im Druckzentrum. Nach einem nicht bestätigten Medienbericht soll die eher konservativ ausgerichtete „FR“-Konkurrentin FAZ erwägen, die linksliberale „Rundschau“ in abgespeckter Form mit etwa 30 Redakteuren weiterzuführen. Die bisherigen Eigentümer sind die Kölner Mediengruppe M. DuMont Schauberg MDS und die SPD-Medienholding ddvg.