Hunderttausende feiern Christopher Street Day

Berlin (dpa) - Glitzer und Lärm gegen gesellschaftliche Diskriminierung: Mit einem bunten Umzug zum Christopher Street Day (CSD) haben Lesben und Schwule am Samstag in Berlin wieder für mehr Toleranz demonstriert.

Begleitet von wummernder Techno-Musik zogen sie in exzentrischen Kostümen vom Kurfürstendamm zum Brandenburger Tor. Passend zur Frauen-Fußball-WM war das Hauptthema Homophobie im Sport. Dort sind „Outings“ noch immer selten. Am Straßenrand verfolgten Hunderttausende Schaulustige die Parade aus 54 Wagen und etlichen Fußgruppen.

Insgesamt zählten die Veranstalter rund 700 000 Menschen. Im Vorjahr waren gut 600 000 Besucher zum Berliner CSD gekommen.

Die Spitze des Zuges führte wie jedes Jahr der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) an. Er erschien leger in Trainingsjacke und mit schwarzer Sonnenbrille. Begleitet wurde er von seinem langjährigen Lebensgefährten Jörn Kubicki. Auch andere Berliner Spitzenpolitiker wie CDU-Landeschef Frank Henkel zeigten Präsenz.

Der CSD erinnert an einen Aufstand von Homosexuellen gegen Polizeirazzien im Juni 1969 in der New Yorker Christopher Street. Seitdem gehen weltweit Schwule, Lesben, Bi- und Transsexuelle für ihre Rechte auf die Straße. Entsprechende „Gay Pride“-Paraden gab es deshalb am Samstag unter anderem auch in Paris, Mexiko Stadt und San Salvador sowie in mehreren spanischen und italienischen Städten.

Das Motto des 33. Berliner CSD lautete passend zur Frauen-Fußball-WM „Fairplay für Vielfalt“ und wandte sich gegen Homophobie im Sport. Das regenbogenfarbene Startband zerschnitt deshalb der Präsident des Fußballclubs Union Berlin, Dirk Zingler. Gerade im deutschen Volkssport Fußball ist ein „Coming Out“ eher die Ausnahme - zu groß ist die Angst vor Diskriminierung. Politik, Kultur und anderen Lebensbereiche sind längst viel offener.

Auf der Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor sagte Wowereit, in den vergangenen zehn Jahren sei schon „unheimlich viel“ erreicht worden. Als Beispiele nannte er eingetragene Lebenspartnerschaften von Homosexuellen und andere rechtliche Errungenschaften. Grund zur Entwarnung gebe es aber nicht. Teile der Gesellschaften seien noch immer von Diskriminierung und Homophobie gekennzeichnet. Wowereit lobte den Umgang des Frauenfußballs mit Homophobie, wo sich „etliche Spielerinnen“ getraut hätten, sich zu outen. Bei den Männern sei das noch ein großer Tabubereich.

So ging der diesjährige Zivilcourage-Preis auch an die ehemalige Spielerin von Turbine Potsdam, Tanja Walther-Ahrens. Der Präsident des Deutschen Fußball-Bunds (DFB), Theo Zwanziger, würdigte die Fußballerin bei der Preisvergabe für den offenen Umgang mit ihrer Homosexualität. „Sie hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie eine Lesbe ist.“ Im vergangenen Jahr war es zu einem Eklat gekommen, als die legendäre Geschlechter-Theoretikerin Judith Butler den Preis ablehnte. Butler hatte die Veranstaltung als zu kommerziell und oberflächlich kritisiert.

Kritiker monieren seit Jahren, dass sich der Christopher Street Day immer mehr zu einem kommerziellen Volksfest entwickele. Auch diesmal wurde der bunte Umzug von Drag Queens und leicht bekleideten Sambatänzern dominiert. Männer in Lack und Leder waren ebenso dabei wie Teilnehmer im Piratenkostüm oder im Biene-Maja-Outfit. Transparente mit politischen Forderungen erinnerten aber auch daran, dass die Parade eigentlich eine Protestveranstaltung ist.

Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) würdigte Wowereit für seine Verdienste für die Homosexuellenbewegung. Mit seinem mutigen Schwulen-Outing vor zehn Jahren habe Wowereit einen großen Schritt zur Gleichstellung von Lesben und Schwulen in der Gesellschaft eingeläutet, sagte LSVD-Bundesvorstand Axel Hochrein der dpa.