Jugendkanal von ARD und ZDF nur im Netz

Potsdam (dpa) - Der von ARD und ZDF geplante Jugendkanal wird anders als vorgesehen nur im Internet an den Start gehen. Ein eigenes Angebot in Radio und Fernsehen soll es nicht geben. Das haben die Ministerpräsidenten der Länder am Freitag bei ihrer Konferenz in Potsdam nach monatelangem Streit beschlossen.

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Im Gegenzug für das neue Online-Angebot werden der ARD-Digitalkanal EinsPlus und ZDFkultur eingestellt. Die öffentlich-rechtlichen Sender hatten ursprünglich einen Multimedia-Auftritt für 14- bis 29-Jährige in Fernsehen, Radio und im Netz geplant. Doch dagegen hatte es in einigen Bundesländern Widerstand gegeben.

Der SWR-Fernsehausschuss sprach am Freitag von einer Fehlentscheidung, die Privatsender reagierten mit Erleichterung.

„Wir wählen den Ansatz, durch die Online-Brille zu sehen und nicht durch die Fernseh-Brille“, erläuterte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) in Potsdam. Dabei sei man vom Nutzungsverhalten der jungen Leute ausgegangen. „Das ist ein guter Kompromiss“, sagte die Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder. Für ARD und ZDF sei das die große Chance zu zeigen: „Wir sind auch jung und machen es mal ganz anders.“

Vor allem die unionsgeführten Länder Sachsen, Bayern und Hessen hatten gegen das ursprüngliche Konzept Front gemacht. So war die Entscheidung auf der Ministerpräsidentenkonferenz im März vertagt worden. Dreyer erklärte, es habe Regierungschefs gegeben, die das Projekt gar nicht wollten. Andere wollten ein zeitgemäßes Angebot, das vom Internet ausgehe. Angesichts dieser schwierigen Ausgangslage sei die Entscheidung ein Durchbruch, sagte Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU).

Der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor und ZDF-Intendant Thomas Bellut trugen es mit Fassung. Marmor erklärte, es erschwere den Start des Kanals, wenn es kein eigenes Programm im Fernsehen gebe. Bellut nannte das Votum der Regierungschefs einen Ansporn, noch mehr Angebote für junge Zuschauer zu machen.

Dagegen machte der bei dem Projekt federführende SWR-Intendant Peter Boudgoust aus seinem Ärger keinen Hehl: Die geplante, konsequente Verschmelzung von Hörfunk, Online und Fernsehen sei ein „innovativer, multimedialer, durchdachter Ansatz“ gewesen. Es werde „nun schwerer, das Jugendangebot zum Fliegen zu bringen“, warnte Boudgoust.

Das Projekt solle auch in dieser Form 45 Millionen Euro pro Jahr kosten, erläuterte Dreyer. Die ARD soll 30 Millionen Euro übernehmen, das ZDF 15 Millionen Euro. Die Finanzierung sei bis 2020 gesichert und werde bis dahin auch keine weiteren Kosten bei den Gebührenzahlern verursachen, versicherte Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD). Das neue Angebot soll auf Smartphone, Tablet und PC abrufbar sein. Dreyer sagte, der Online-Auftritt solle mit den bestehenden jungen Hörfunkwellen und Angeboten im Fernsehen vernetzt werden.

Der SWR-Fernsehausschuss reagierte auf den Beschluss mit „Unverständnis und Enttäuschung“, wie es in einer Mitteilung des Aufsichtsgremiums in Stuttgart hieß. Die Ablehnung des crossmedialen Konzeptes für ein Jugendangebot von ARD und ZDF sei nach Ansicht des SWR-Fernsehausschusses eine Fehlentscheidung, hieß es. Die von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossene ausschließliche Internet-Präsenz werde „dem öffentlich-rechtlichen Auftrag, alle Altersstufen von ARD und ZDF zu erreichen, nicht gerecht“.

Der Privatsender-Verband VPRT nahm nach eigenen Worten „erleichtert zur Kenntnis, dass die konzeptlose Expansion der öffentlich-rechtlichen Spartensender durch die Ministerpräsidentenkonferenz beendet wurde“. Vorstandschef Tobias Schmid sagte: „Wir begrüßen die Einstellung von zwei Kanälen sowie den Stopp des am Bedarf vorbei konzipierten Jugendkanals von ARD und ZDF.“

Auf die Frage, ob ZDFneo nun Aufgaben des gekippten Jugendfernsehens ausfüllen werde, sagte Sender-Chefin Simone Emmelius der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: „Der Auftrag für ZDFneo bleibt durch diese Entscheidung unverändert. Wir fokussieren eine Zielgruppe zwischen 25 bis 49.“ Der Jugendkanal, wie er geplant gewesen sei, habe „die Lücke zwischen KiKA und ZDFneo als Angebot des ZDF schließen“ sollen. „Die Art und Weise, wie man dieses Angebot gestaltet - das ist jetzt die Herausforderung für ARD und ZDF.“