Ranga Yogeshwar drehte in Fukushima

Köln (dpa) - Sie kämpfen noch immer zu Zehntausenden gegen die Radioaktivität. Mit Hightech, schwerem Gerät und in Schutzanzügen direkt in der AKW-Ruine Fukushima Daiichi.

Foto: dpa

Aber auch per Hand, mit kleinen Stahlbürsten, in den Sperrzonen nahe der zerstörten Atomanlage im Nordosten Japans. Dreieinhalb Jahre nach der Katastrophe mit Erdbeben, Tsunami und Super-GAU und etwa 19 000 Toten hat Ranga Yogeshwar auf dem lebensgefährlich verstrahlten Kraftwerksgelände gedreht. Laut WDR war es das erste ausländische TV-Team überhaupt, das der Betreiber Tepco so nah rankommen ließ.

Für die 45-Minuten-Reportage „Ranga Yogeshwar in Fukushima“, die das Erste an diesem Montag um 22.45 Uhr ausstrahlt, ist der Wissenschaftsjournalist auch durch angrenzende Gebiete und Geisterstädte gereist. Der Film schildert das dort mühevolle Ringen um jeden Zentimeter Erde und Heimat. „Die Katastrophe hat erst richtig begonnen“, sagte Yogeshwar der Nachrichtenagentur dpa. „Viele Menschen begreifen jetzt allmählich, dass sie ihr Zuhause, ihr Hab und Gut, ihre Kontakte, ihre Biografie verloren haben.“

Die Bilder der explodierenden Reaktoren haben sich ins weltweite Gedächtnis gebrannt. Aus dem Inneren der Ruine - Kontrollraum, Block 1 - zeigt der WDR-Film nun: Während Mitte März 2011 schon rund um den Globus Eil-Berichte über die Explosion gesendet werden, denken die Techniker mitten im AKW noch, die Kernschmelze sei abgewendet. Die Erschütterung halten sie für ein Nachbeben.

Die Spuren der Verwüstung sind in der Reportage zu sehen, es werden aber auch die enormen Anstrengungen gewürdigt: 6000 Arbeiter sind im Schicht-Einsatz. Brennstäbe werden mit einem eigens konstruierten Kran und in speziellen Transportgefäßen weggeschafft. Und trotzdem: Es wird noch Jahrzehnte dauern. In manchen Bereichen ist selbst für Roboter die Strahlung zu hoch.

Dann fährt das TV-Team in die Sperrzonen. Dekontaminationstrupps überall. Und schwarze Säcke, voll mit verseuchter Erde. Ein Alptraum. Yogeshwar spricht mit früheren Bewohnern. Es geht weiter bis in die gut 60 Kilometer entfernte Präfektur-Hauptstadt Fukushima. Auch dort stemmen sich viele Tausend gegen die Radioaktivität. Produkte aus der Region will keiner mehr kaufen. Sie können nur noch örtlich vermarktet werden, nach Tests im Labor. Die Kontrollen der Lebensmittel seien gewissenhaft, erzählt Physiker Yogeshwar. „Gemüse und Früchte aus Fukushima kann ich bedenkenlos essen.“

Sein persönliches Fazit: Respekt vor der unglaublichen Geduld und Akribie der Japaner. „Da sind Trupps, die mit kleinen Drahtbürsten Wände und Mauern schrubben. Und dann - wir hatten Messgeräte dabei - schleppt der Regen vom Nebengelände wieder Radioaktivität ein.“ Sisyphos-Arbeit. Stilles Leiden. „Ich habe viele große und kleine Helden gesehen, die Großartiges leisten - und doch scheitern. Das ist bitter. Das liegt an der Natur der Radioaktivität.“