Roter Teppich und Tränen: Grimme-Preis für Hoger

Marl (dpa) - Der rote Teppich bei der Verleihung des Grimme-Preises ist größer geworden. Fotografen und Fans haben nun mehr Platz, um Stars und Sternchen zu sehen. Als Hannelore Hoger zusammen mit ihrer Tochter Nina kommt, lösen die Fotografen ein Blitzlichtgewitter aus.

„Da kommen noch andere“, sagt Hannelore Hoger bescheiden. Sie will sich nicht zu wichtig nehmen an diesem Freitagabend, an dem es in Marl vor allem um gute Fernsehproduktionen geht.

Zwei Stunden später steht die Hoger wieder im Rampenlicht: Sie erhält den Sonderpreis für ihr Lebenswerk und sorgt für einen rührenden Augenblick. Beim Dank wendet sie sich an ihre Tochter Nina, die in der ersten Reihe sitzt. „Du hast nie ein schlechtes Wort für mich gefunden. Du bist mein Herz“, sagt sie und stockt kurz. Tränen kullern über ihre Wangen.

„So viel Lob erhöht nicht nur meinen Herzschlag, sondern auch meine Zweifel“, sagt die 69 Jahre alte „Bella Block“-Darstellerin. Die Qualitäts-Trophäe bekommt sie, weil sie das deutsche Fernsehen in unterschiedlichen Rollen mit einer beeindruckenden Bandbreite an Figuren und Interpretationen bereichert habe, so die Jury. Eine Wunschrolle hat sie am Ende auch noch: „Den Narren im König Lear“.

Gleich drei ausgezeichnete Filme erzählen von den Opfern sexueller Gewalt: Der Berliner Regisseur Rosa von Praunheim erhält den Preis für seinen Dokumentarfilm über Strichjungen: „Die Jungs vom Bahnhof Zoo“ (rbb/ARD). „Dieser Film gibt den Jungs die Würde zurück“, sagt er. Regina Schilling und Luzia Schmid haben sich ebenfalls mit sexueller Gewalt auseinandergesetzt. Den Preis für ihren Film „Geschlossene Gesellschaft - Der Missbrauch an der Odenwaldschule“ (ARD/SWR/HR) sieht die Regisseurin auch als Anerkennung für ihre Aufklärungsarbeit.

Aus der Perspektive der Opfer hat Regisseurin Brigitte Maria Bertele das Drama „Der Brand“ (SWR) erzählt. Der Film handelt von Gewaltopfern, von Menschen, die nach ihrer Vergewaltigung die Lust am Leben verloren haben. Das ist harter Stoff für einen Gala-Abend.

Es gibt aber auch lustige Momente. Bjarne Mädel, vor allem als „Ernie“ aus der ProSieben-Büroserie „Stromberg“ bekannt, wird als trotteliger „Tatortreiniger“ ausgezeichnet. An Selbstbewusstsein mangelt es ihm nicht. „Heißt ja "Tatortreiniger", na dann am besten nach dem "Tatort". Da müssen wir nur noch mit Günther Jauch sprechen.“ Das Publikum applaudiert.

Auch Phillip Walulis kann Publikum und Jury überzeugen: Für seine medienkritische Reihe „Walulis sieht fern“ gibt es im Bereich „Unterhaltung“ den einzigen Grimme-Preis für einen privaten TV-Sender. Dabei war die spaßige Satire auf das Unterhaltungsfernsehen eigentlich gar nicht für den kleinen Sender Tele 5, sondern für einen Ausbildungskanal konzipiert worden. Im Dezember 2011 wurde die mit relativ wenig Geld produzierte Show durch den Clip „Der typische Tatort in 123 Sekunden“ im Internet bekannt. „Wenn wir mehr Geld gehabt hätten, hätte es auch Explosionen gegeben“, sagt Walulis.

Für das ZDF-Beziehungsdrama „Liebesjahre“ bekommen die Schauspieler Iris Berben (61), Nina Kunzendorf (39) und Axel Milberg (55) die Qualitäts-Trophäe. Regisseur Dominik Graf (59) erhält bereits seinen zehnten Grimme-Preis - in diesem Jahr für die Krimi-Trilogie „Dreileben“. Für dieses Filmprojekt der ARD bekommen auch die Regisseure Christian Petzold und Christoph Hochhäusler Preise.