Süßes, Bier, PC, ade - Verzicht in der Fastenzeit
Hamburg (dpa) - Offline in der Fastenzeit: Neben Alkohol, Tabak und Süßigkeiten steht in der Fastenzeit für viele auch der Computer auf der Liste der verzichtbaren Dinge.
78 Prozent der Deutschen würden beim Fasten allerdings am ehesten auf Alkohol verzichten, ergab eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Krankenkasse DAK. Es folgen Süßigkeiten (69 Prozent), Rauchen (53 Prozent), Fleisch (48 Prozent) und Fernsehen (42 Prozent). 28 Prozent gaben den Verzicht auf Computer oder Internet an.
Andererseits spielt das Internet für viele auch beim Fasten eine wichtige Rolle: Denn wer fastet, sitzt nicht mehr in Sack und Asche in der Büßerstube, sondern tauscht sich oft am Computer oder über Handy mit Gleichgesinnten aus. Eine Vielzahl von kirchlichen Initiativen und unabhängigen Gruppen lädt ab Aschermittwoch zur Einkehr im Netz ein. Die Aktion „7 Wochen ohne“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) nutzt auch Facebook für den Austausch der Teilnehmer über ihre Fastenziele. Umgekehrt laden mehrere Gruppen zum „Facebook-Fasten“ ein, also zum freiwilligen, zeitlich befristeten Verzicht auf die Nutzung des Sozialen Netzwerks.
Insgesamt finden 60 Prozent der Deutschen laut DAK-Umfrage einen mehrwöchigen Verzicht auf bestimmte Genussmittel sinnvoll für ihre Gesundheit. 40 Prozent der Befragten haben schon häufiger für mehrere Wochen bewusst auf Genussmittel oder Konsumgüter verzichtet. Im Vorjahr waren es nur 35 Prozent. In Nordrhein-Westfalen und Bayern ist die Beteiligung mit 45 und 44 Prozent besonders hoch. In den ostdeutschen Bundesländern liegt sie dagegen nur bei 30 Prozent. Für 29 Prozent der Befragten ist der bewusste Verzicht zur Fastenzeit generell kein Thema.
Fast die Hälfte der Männer und Frauen (49 Prozent), die sich während der Fastenzeit einschränken wollen, gaben bei einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der „Apotheken Umschau“ an, von Schokolade und Gummibärchen ganz die Finger zu lassen.
Frühjahrsputz für Körper und Seele: Nach Überzeugung von DAK-Expertin Silke Willms ist Fasten eine Auszeit, die wie Urlaub wirkt. „Wer in den nächsten sieben Wochen bewusst auf bestimmte Dinge verzichtet, der tut seinem Körper und seiner Seele etwas Gutes.“ Und kann nach der ausschweifenden Karnevalszeit seine Lebensgewohnheiten überdenken.
Für gläubige Christen ist die 40-tägige Fastenzeit die Vorbereitung auf Ostern, das Fest der Auferstehung Jesu Christi. Früher aßen die Christen während der Fastenzeit kein Fleisch, tranken keinen Wein und nahmen nur am Abend eine Mahlzeit zu sich.
Mit einem Aufruf zum Verzicht auf Ausreden startet die EKD in die 25. Auflage ihrer Fastenaktion „7 Wochen ohne“. „Es lohnt sich, einmal bewusst auf Ausreden zu verzichten“, erklärte EKD-Chef Nikolaus Schneider. Irgendwann gehe sonst die Fähigkeit verloren, ehrlich gegenüber sich selbst zu sein. Die Aktion solle dazu einladen, sich selbst, anderen Menschen und auch Gott gegenüber Fehler und Schwächen einzugestehen.
Millionen Menschen zeigen mit dem Fasten ihren Überdruss am Überfluss. Entrümpeln, entschleunigen, zu sich finden, lautet die Devise beim Fasten, das weit mehr als nur den Verzicht aufs Essen bedeutet. Süßigkeiten, Bier, PC, adé - das heißt auch mit schlechten Gewohnheiten brechen, Ballast abwerfen, Auszeit und Einkehr.
Einfach ist der Verzicht auf Liebgewonnenes nicht: „Ich muss mir überlegen, was mache ich stattdessen?“, sagte der evangelische Theologe Thomas Kärst aus Hamburg der dpa. Neben dieser Last stecke im Fasten aber auch eine „Riesenchance“, denn die gewonnene Zeit lasse sich anders und neu nutzen.
Für den Freiburger Erzbischof und Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, gehören zur Fastenzeit: „Gebet, Stille, Lesen der Heiligen Schrift und Gottesdienst.“ Im dpa-Gespräch betonte der Bischof: „Nicht der tägliche Blick auf die Waage, sondern der tägliche Blick in die Heilige Schrift ist der Maßstab der österlichen Bußzeit.“