Teures Vergnügen: Nicht alle Länder machen mit beim ESC
Kopenhagen (dpa) - Für die Austragung des Eurovision Song Contests (ESC) in Kopenhagen muss der Gastgeber tief in die Tasche greifen. Das große Musikfest im Mai kostet Danmarks Radio (DR) mehr als 25 Millionen Euro.
Aber nicht nur für den Veranstalter ist der ESC ein teures Vergnügen.
Je nach Größe müssen auch die nationalen Sender einen Mitmachbeitrag zahlen. Und den kann oder will sich längst nicht mehr jeder leisten. 2014 muss der Sängerwettstreit deshalb etwa ohne Songs aus Bulgarien, Serbien und Zypern auskommen.
Die European Broadcasting Union (EBU) schreibt die Absagen den Ausläufern der Wirtschaftskrise zu und ist stolz über 37 Teilnehmer. Immerhin sagte sogar das europäische Sorgenkind Griechenland zu: Das Techno-Pop-Trio Freaky Fortune feat. Risky Kidd bringt mit „Rise Up“ einen zuversichtlichen Song mit nach Dänemark. Auch Polen (mit dem Youtube-Hit „My Slowianie - We Are Slavic“ - Donatan & Cleo) und Portugal („Quero Ser Tua“ - Suzy) sind in diesem Jahr wieder dabei, nachdem die beiden Länder aus Sparzwang Pausen eingelegt hatten.
Um auch die klammsten Sender zum Wettbewerb nach Kopenhagen zu bringen, habe die EBU „erheblichen Aufwand“ betrieben, sagt ESC-Direktor Jon Ola Sand der Nachrichtenagentur dpa. „Wir haben die Beitragsgebühren in den letzten Jahren auf demselben Level gehalten, also gar nicht oder kaum erhöht.“ Außerdem helfe die EBU dabei, gute Hotelpreise herauszuschlagen und den Crews weniger Tage und damit einen günstigeren Aufenthalt in der Gastgeberstadt zu ermöglichen.
Trotzdem sind die Sender in Bulgarien, Serbien und Zypern nicht die ersten, die am Song Contest sparen. Luxemburg zog sich schon 1993 aus finanziellen Gründen aus dem Wettbewerb zurück. Andere Länder wie Ungarn, Polen und Portugal machten Pause, kehrten aber später auf die Eurovisions-Bühne zurück. Bosnien-Herzegowina hatte beim Blick auf seine Finanzen schon 2013 Nein zum ESC gesagt. 2014 wollte der Sender BHRT wieder mitmachen - zog seine Teilnahme aber spontan doch zurück.
Bei anderen hat die Absage wohl eher mit dem Frust über die chronische Erfolglosigkeit zu tun. Kroatiens Sender setze aus, um „sein Auswahlverfahren zu überdenken“, sagt Sand. In den letzten Jahren hatten sich die kroatischen Kandidaten nie für das Finale qualifiziert. Die Slowaken hatten schon im vergangenen Jahr keine Lust mehr auf den ESC. Auch 2014 wollen sie laut Sand „andere Prioritäten“ setzen. Zu tief sitzt vielleicht noch der Schmerz über den letzten Platz im zweiten Halbfinale in Baku 2012.
Kopenhagen freut sich dagegen diebisch auf die vielen anreisenden ESC-Fans und die Werbung, die das internationale Event für Stadt und Land machen soll. „Dänemark ist als Touristenziel recht unbekannt“, sagt Anja Hartung Sfyrla von der dänischen Tourismuszentrale „VisitDenmark“. „Das wollen wir ändern.“ Show-Chef Jan Lagermand Lundme glaubt, dass sich die Stadt beim ESC von ihrer Schokoladenseite zeigen kann. „Ich hoffe, dass das eine Menge Menschen anzieht, die Kopenhagen dadurch besser kennenlernen.“
Doch auch die Stadt kostet der ESC einen Batzen Geld. Müssen weniger wohlhabende Sender und Städte also bei dem Gedanken zittern, den Song Contest zu gewinnen und im nächsten Jahr ausrichten zu müssen? „Wir helfen dem Gastgeber, einen erschwinglichen ESC zu veranstalten“, verspricht Direktor Sand. „Jeder Sender kann das“ - und ist theoretisch auch dazu verpflichtet. Denn wer teilnimmt, unterschreibt damit, die Show im Falle eines Siegs im Jahr darauf zu sich zu holen.
Dass jemand aus Geldnot darauf verzichtet habe, sei noch nicht vorgekommen, meint Sand. Allerdings gab Israel den Gastgeber-Stab 1980 an die Niederlande weiter, nachdem es 1978 und 1979 in Folge gewonnen hatte. Die Show zwei Mal hintereinander auszurichten, konnte sich der Sender IBA nicht leisten.
Unklar ist in diesem Jahr etwa auch, was passiert, wenn die krisengeschüttelte Ukraine den ESC-Sieg davonträgt. Laut Buchmachern stehen die Chancen für Maria Yaremchuk („Tick-Tock“) nicht schlecht. „Die Sicherheit der Teilnehmer ist natürlich sehr wichtig“, sagt ein EBU-Sprecher. Sollte die Ukraine gewinnen, will die Broadcasting Union aber nach dem diesjährigen Contest eine Lösung finden.
Für 2015 hat die EBU immerhin Grund zur Hoffnung, trotz finanzieller Hindernisse wieder mehr Teilnehmer ins ESC-Boot zu bekommen: Dann feiert der Grand Prix sein 60-jähriges Bestehen.