WDR Tom Buhrow: WDR hat bei Belästigung nicht weggeschaut

Nach Belästigungsvorwürfen gegen einen Ex-Korrespondenten bestreitet Intendant Tom Buhrow, dass der WDR beim Thema Missbrauch bisher nicht richtig hingeschaut habe: „Keiner musste Angst haben, sich an unser Interventionsteam zu wenden.“

WDR-Intendant Tom Buhrow hat alle Opfer sexueller Belästigung im größten ARD-Sender dazu aufgerufen, sich zu melden. In der vergangenen Woche waren Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen einen ehemaligen ARD-Auslandskorrespondenten bekannt geworden.

Foto: Oliver Berg

Köln. Tom Buhrow, Intendant des Westdeutschen Rundfunks (WDR), hat alle Opfer sexueller Belästigung im größten ARD-Sender dazu aufgerufen, sich zu melden. „Unser klares Signal ist nicht erst jetzt: Wir dulden sexuelle Nötigung und Missbrauch nicht“, sagte Buhrow in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur in Köln. „Aber es ist offenbar so, dass die Veröffentlichungen in den vergangenen Tagen das Bewusstsein geschärft haben.“

In der vergangenen Woche waren Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen einen ehemaligen ARD-Auslandskorrespondenten bekannt geworden. Der Mitarbeiter wurde am Wochenende bis auf weiteres freigestellt. Buhrow beauftragte die hauseigene Revisionsabteilung mit der Überprüfung und Aufarbeitung der Vorwürfe.

„Es melden sich gerade Frauen mit ihren Erlebnissen“, berichtete Buhrow. Er nehme das als Zeichen des Vertrauens, dass solche Hinweise ernst genommen würden. „Ich begrüße es sehr, wenn jetzt Kolleginnen oder ehemalige Kolleginnen kommen und Hinweise geben, die sich vorher zurückgehalten haben“, sagte Buhrow. „Denn erst dann können wir handeln.“

Buhrow bestritt, dass der WDR beim Thema Belästigung und Missbrauch bisher nicht richtig hingeschaut habe. „Keiner musste Angst haben, sich an unser Interventionsteam zu wenden“, versicherte er. Dieses Team sei bewusst als Anlaufstelle gegründet worden, damit Betroffene sicher sein könnten, dass kein Vorgesetzter eine Beschwerde ignorieren könne. „Die Fälle, die dort gemeldet wurden, sind auch verfolgt worden - bis an die Grenze dessen, was arbeitsrechtlich möglich war“, sagte Buhrow. Allerdings habe er festgestellt, dass viele Kolleginnen und Kollegen von der Existenz dieses Ausschusses zu wenig wüssten, „und deshalb informieren wir gerade nochmal breit darüber“.

Er sehe nicht, dass der WDR durch den Glamourfaktor des Fernsehens besonders anfällig für Machtmissbrauch sei: „Überall dort, wo ein Machtgefälle da ist, gibt es auch eine Gefährdung - ob in der Finanzbranche oder in Industrieunternehmen oder in der Medienbranche.“

Zur Diskussion um die Berechtigung und Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sagte Buhrow, der überwiegende Teil der Bürger stehe hinter dem System. „Aber es gibt Gruppen, da ist die Ablehnung besonders intensiv. Das hat sich über Jahrzehnte aufgebaut und ist zu wenig beachtet worden.“ Dies liege unter anderem daran, „dass Journalistinnen und Journalisten, auch bei den Zeitungen, überwiegend in Metropolen leben, meist studiert haben, gern in andere Länder reisen“. Journalisten müssten sich immer fragen, ob sie die Lebenswirklichkeit und Vielfalt in Deutschland ausreichend abbildeten. dpa