Westdeutscher Rundfunk WDR: Rundfunkrat entscheidet über Zukunft von Tom Buhrow

Der 59-jährige WDR-Senderchef Tom Buhrow will sich zur Wiederwahl stellen. Der Rundfunkrat muss nun entscheiden, wie er die Neu- oder Wiederwahl gestalten will.

Der Intendant des Westdeutschen Rundfunks, Tom, Buhrow

Foto: Rolf Vennenbernd

Köln. Der Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks entscheidet am Dienstagnachmittag darüber, wie er die Weiterbeschäftigung oder Nachfolge von Tom Buhrow (59, Jahresgehalt: 399.000 Euro) als Intendant des WDR regeln will. Tagesordnungspunkt vier der Sitzung des Aufsichtsgremiums lautet „Beschluss zum Verfahren der Wahl des Intendanten/der Intendantin“. Der Vorsitzende des Rundfunkrats, der frühere Vorsitzender des DGB-Landesbezirks NRW, Andreas Meyer-Lauber, hatte im Januar um „Vorschläge und Hinweise“ aus dem Gremium gebeten.

Am Dienstag soll das konkrete Vorgehen beschlossen werden. Buhrow hatte vor vier Wochen gegenüber dem Rundfunkrat erklärt, er wolle sich für eine zweite Amtsperiode zur Wiederwahl zu stellen. Tom Buhrow war 2013 als Nachfolger von Monika Piel gewählt worden, seine sechsjährige Amtszeit endet erst im Mai 2019 — mit eher durchwachsener Bilanz.

Bei seinem Amtsantritt, der vor allem innerhalb der Kölner Anstalt freudige Erwartungen auslöste, hatte Buhrow erklärt, er bringe die Liebe mit. Doch die beruht schon lange nicht mehr auf uneingeschränkter Gegenseitigkeit: Nach einem ersten Kassensturz kündigte Buhrow ein Sparprogramm von jährlich mehreren Millionen Euro, da der Sender trotz Rundfunkbeiträgen von jährlich rund 1,3 Milliarden Euro strukturell auf die Pleite zulaufe. Auf massive Kritik stieß WDR-intern die Verpflichtung von Hörfunkdirektorin Valerie Weber, die vom Privatradio kam.

Mitarbeiter des Westdeutschen Rundfunks starteten auf dem Höhepunkt der Konfrontation 2015 einen Twitter-Account namens „WDR Leaks“, auf dem interne Spar- und Umstrukturierungs-Papiere veröffentlicht wurden; Weber erklärte öffentlich, sie sei von ihren Mitarbeitern "besonders enttäuscht". Buhrow kämpfte vergebens gegen die im Januar 2016 beschlossene Novellierung des WDR-Gesetzes, das unter anderem die Radio-Werbezeiten des Senders (und damit seine Einnahmen) stufenweise reduzieren soll.

Als der Intendant daraufhin ernst mit der Ankündigung machte, unter anderem die Kunstsammlung des WDR zu veräußern, löste er einen Proteststurm in der Kulturszene aus. Der Wuppertaler Ästhetik-Professor und Kunsttheoretiker Bazon Brock bescheinigte Buhrow, dieser sei „verkommener als jeder Bank-Chef, der seine Spielchen auf dem Rücken der Allgemeinheit treibt.“

Den nächsten hausinternen Knatsch gab es Ende vergangenen Jahres, als Buhrow ankündigte, dass der WDR das Textangebot auf seinen Internetseiten künftig stark einschränken werde. Im Deutschlandradio sagte Buhrow zur Erklärung: „Ich will ein Signal an die Verleger setzen. Wir wollen nicht die ganze Zeit uns vor Gericht oder anderswo die Köpfe einschlagen, auch in der Zeitung, sondern lass uns gucken, dass wir auskömmlich miteinander auskommen.“

Hintergrund der neuen Freundlichkeit zwischen dem WDR, den Verlegern und der neuen schwarz-gelben Landesregierung dürfte tatsächlich ein, wie Buhrow es formuliert, „auskömmliches miteinander Auskommen“ sein: Das Land bereitet derzeit eine Novelle des WDR-Gesetzes vor, dass die weitere Werbezeiten-Reduzierung vorerst aussetzt, was für den WDR nach eigenen Berechnungen einen Gegenwert von rund 60 Millionen Euro haben dürfte.

Die 45 Lokalradios, deren Betreibergesellschaften überwiegend mehrheitlich Zeitungsverlagen gehören, halten sich mit Kritik erstaunlich zurück. Der WDR trennt sich vom 25-Prozent-Anteil an Radio NRW, das das Rahmenprogramm der Lokalradios liefert. Die WDR-Anteile könnten mehrheitlich wiederum bei einem Gemeinschaftsunternehmen der Verlage landen; am Ende ist alles eine Frage des Preises.

Dabei ist der WDR offenbar nicht so notleidend, wie er gerne tut. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat am Montag ihren 21. Bericht für 2017 bis 2020 veröffentlicht und einen Überschuss der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von 544,5 Millionen Euro für diesen Zeitraum errechnet und teilt mit: „Die Kommission sieht in diesem Zwischenbericht keine Notwendigkeit, den Landesregierungen eine Änderung der Höhe des Rundfunkbeitrags zu empfehlen.“

Der KEF-Bericht relativiert auch Buhrows „Großzügigkeit“ beim Online-Verzicht: In die Ausweitung des Angebots der Telemedienredaktionen sowie deren Mitarbeiterkapazitäten zwischen 2017 bis 2020 will der zusätzliche 33,7 Millionen Euro stecken; insgesamt lägen die Kosten des WDR-Onlineangebots für diesen Zeitraum dann bei 128,8 Millionen Euro. Gleichzeitig verzögere sich der von Buhrow angekündigte Abbau von 500 Stellen. Auch werde die Wertigkeit der abgebauten Stellen geringer sein als ursprünglich kalkuliert. Die Sparziele werden demnach laut WDR um 52 Millionen Euro verfehlt, anerkennen will die KEF davon nur 16,2 Millionen.

Auch spart der WDR durch die von Buhrow angekündigte Verlagerung mehrerer TV-Redaktion aus dem Landesstudio Düsseldorf nach Köln nicht etwa Geld, sondern plant dafür eine bauliche Aufstockung sowie einen zusätzlichen Konferenzraum in seiner Dauer-Baustelle „Filmhaus“ mitten in der Kölner Innenstadt. „Dadurch erhöht sich das Investitionsvolumen für das Filmhaus bis 2023 um 18,6 auf 148,6 Millionen Euro“, so die KEF. Den detaillierten Bericht der KEF gibt es hier.

Die Sitzung des WDR-Rundfunkrates finden im Kölner Wallraf-Richartz-Museum im Stiftersaal statt (Obenmarspforten 40, 50667 Köln). Die Sitzung beginnt um 14.15 Uhr und ist öffentlich ohne Anmeldung zugänglich. Der öffentliche Teil endet gegen 17.30 Uhr.