Trendforscher: Stadtmenschen wollen ohne Waschmaschine leben
Berlin (dpa) - Junge Großstädter werden in Zukunft wohl liebend gern auf die eigene Waschmaschine verzichten. Das sagt der Zukunftsforscher Sven Gabor Janszky voraus.
Technische Errungenschaften wie Waschmaschinen in den eigenen vier Wänden, die die Großelterngeneration noch als Fortschritt gefeiert habe, würden bald von manchen als überflüssiger Besitz gesehen. Stattdessen werde es in großen Städten in Zukunft zunehmend Abhol- und Lieferdienste für Wäsche geben. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht der Leiter des 2b AHEAD Instituts in Leipzig auch über selbstfahrende Autos und das Einkaufen per Knopfdruck.
Frage: Welche Dinge werden in fünf bis zehn Jahren in unseren Metropolen grundsätzlich anders sein?
Antwort: Der allerwichtigste Trend ist, dass es in den nächsten zehn Jahren 40 Prozent Menschen geben wird in Deutschland, die alle zwei bis drei Jahre ihren Job wechseln - und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Unternehmen und Städte wechseln. Wir nennen sie Projektarbeiter oder Job-Nomaden. Bei diesen 40 Prozent wird das Bedürfnis entstehen, vieles nur zeitweise zu benutzen, sich nicht zu binden. Für sie heißt Freiheit, Dinge nutzen zu können, aber sie nicht bei einem Umzug transportieren zu müssen.
Frage: Warum prägt das die Stadt mehr - und nicht so sehr ländliche Räume?
Antwort: Diese 40 Prozent Projektarbeiter bewegen sich eben hauptsächlich in Städten. Und die Unternehmen, die mit ihnen arbeiten, sind oft global ausgerichtet, befinden sich auch öfter in den Metropolen. Ich meine Städte mit Zuzug - und ab einer halben Million Menschen. Dort entstehen Platzmangel, Staus. Das erzeugt verstärkt die Notwendigkeit, intelligente Lösungen einzusetzen, um Abhilfe zu schaffen.
Frage: Was wird sich auf den Straßen ändern?
Antwort: Was auf Fünf-Jahres-Perspektive in den Städten neu sein dürfte: Der Personentransport verändert sich. Wir sehen die ersten selbstfahrenden Autos. Aber noch nicht von Haustür zu Haustür, das kommt schrittweise. Sondern erstmal situationsweise, das heißt: Wenn ich irgendwo angekommen bin, drücke ich auf den Knopf und das Auto fährt zum nächstliegenden freien Parkplatz. Und in acht bis zehn Jahren werden in den Großstädten Taxis langsam ersetzt durch tatsächlich selbstfahrende Autos. Nicht als Erstes als kaufbares Auto, sondern als Service- und Dienstleistungsfahrzeug, das ich mit dem Handy per Knopfdruck rufe, wo ich das Ziel eingebe - und es geht los.
Frage: Was ändert sich im restlichen Alltag?
Antwort: Das Einkaufen wird in eine Form kommen, bei der man seine Standard-Einkaufsliste auf einem Handy oder irgendeinem Gerät hat. Man wird auf einen Knopf drücken, der heißt „Bestellen“. Dann wird die Ware geliefert. Dafür gibt es vermutlich verschiedene Möglichkeiten. Erstens: Es wird alles in eine Tüte gepackt und an einen Ort gestellt, an dem ich eh vorbeikomme und die Tüte mitnehme. Zweite Möglichkeit: Wenn ich mit einem Auto unterwegs bin. Das System weiß, wo mein Wagen steht, macht den Kofferraum auf und stellt die Tüte rein. Dritte Möglichkeit: Ein Mensch, der gerade in der Nähe des Ladens ist und sich etwas dazuverdienen will, nimmt meine Tüte und bringt sie zu mir. Das betrifft nicht gleich alle. Erstmal 10 Prozent der Menschen, dann 20 - so leben dann immer mehr Leute.
Frage: Und in meiner Wohnung?
Antwort: Dort gilt Ähnliches für Dinge wie Waschen, Kochen, Heimwerken. Das heißt: Ich drücke auf den Knopf, die Wäsche wird abgeholt, und sie wird zurückgeliefert zu einem für mich günstigen Zeitpunkt. Das Besitzen einer Waschmaschine, was unsere Großelterngeneration noch als große Freiheit empfunden hat, empfinden viele der jungen Generation eher als Belastung, als Zeitaufwand.
ZUR PERSON: Sven Gabor Janszky, geboren 1973, ist Trendforscher und Leiter des 2b AHEAD Instituts in Leipzig. Er lehrt an Hochschulen und veröffentlichte Fachbücher mit Titeln wie „2025 - So arbeiten wir in der Zukunft“ sowie „Das Recruiting Dilemma“ (zum Wandel des deutschen Arbeitsmarktes).