Böhmermanns erste Ausstellung Wenn er König von „Deuscthland“ wäre

Düsseldorf (dpa) - Jan Böhmermann kommt von der Seite. „Das Internet geht noch nicht“, entschuldigt er. Man hat gerade versucht, auf einem Bildschirm eine Pressemitteilung des Landgerichts Hamburg im „Hauptsacheverfahren Erdogan ./.

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Böhmermann“ zu öffnen, sieht aber nur eine Fehlermeldung. Bis zur Eröffnung werde das aber alles klappen, versichert Böhmermann (36), der in Jeans gekommen ist. Er meint: bis zur Eröffnung seiner ersten Kunstausstellung.

Moment. Zum einen: Dass ausgerechnet dem König der Unterhaltung zwischen Fernsehen und Internet das Netz abschmiert, hat eine gewisse Eigenkomik. Zum anderen: Ausstellung? Von Jan Böhmermann? Manche fügen womöglich hinzu: Auch das noch?

Sie heißt „Deuscthland“ (mit bewusst verschobenem „t“) und wird im NRW-Forum in Düsseldorf gezeigt. Von Donnerstagabend an ist sie zu sehen, hoffentlich mit stabilem Internetzugang. Die Schau war ganz knapp im August angekündigt worden, seitdem herrschte im Großen und Ganzen Geheimniskrämerei, was der „Neo Magazin Royale“-Satiriker und seine Kölner Produktionsfirma Bildundtonfabrik (btf) im Museum zeigen wollen.

Das setzt sich auch über die Eröffnung hinaus fort. Wer in die Ausstellung will, muss an einer „Passkontrolle“ bei wortkargen, graumänteligen Aufpassern mit schlecht sitzenden Krawatten sein Handy abgeben. Es sollen keine Fotos verbreitet werden. Auch das ist bemerkenswert. Böhmermanns sonstige Strategie ist es ja, seinen Nummern maximale Aufmerksamkeit im Internet zu bescheren. Offizielle Begründung: Man wolle, dass sich jeder „selbst ein Bild von der Ausstellung machen und diese völlig unvoreingenommen besuchen kann“.

Wer sie besucht, erlebt einen Ritt durch die Böhmermannsche Gedankenwelt, eine Art Kommentar zur Lage der Nation: Rechtspopulismus, Internethass, das Leben unter der Moderatorin Merkel. Ausgestellt sind Wanderklamotten, die man von den Urlaubsfotos der Kanzlerin kennt. Man kann sie anfassen. „Die Wanderkleidung finde ich von daher ganz schön, weil sie zum ersten Mal diese Form von Macht, mit der wir seit zwölf Jahren konfrontiert werden, greifbar macht“, erklärt Böhmermann. Das sei sie sonst ja nie. „Dieses Beige, was in den Socken, in der Hose und in der Mütze eigentlich steckt: Das ist zumindest tröstlich, dass man es anfassen kann.“

Mit Virtual-Reality-Brillen kann man eine fiktive Achterbahnfahrt im angeblichen „Reichspark“ machen, der die Zeit von 1933 bis 1945 zum Freizeiterlebnis erhebt. Inklusive Bücherverbrennung und Begegnung mit Hitler. Ein bitterer Kommentar zur Debatte um Erinnerungskultur. An „Diskursautomaten“ kann man sich per Knopfdruck entscheiden: schuldig oder unschuldig, Israel oder Palästina, Karriere oder Familie, Ost oder West. Wer abstimmt, soll fotografiert und auf Twitter geladen werden - ein Schwarz-Weiß-Netz-Diskurs in der Selbsterfahrung. Böhmermann nennt die Ausstellung „invasiv“.

Bei aller Komik wird man dabei den Eindruck nicht los, dass da jemand zunehmend an Deutschland verzweifelt. Schon seit einiger Zeit ist zu beobachten, wie der Satiriker in guter deutscher Kabarett-Tradition auch mal den moralischen Zeigefinger ausfährt.

Die große Zäsur seiner Karriere findet man natürlich auch: der Rechtsstreit um sein „Schmähgedicht“ auf den türkischen Präsidenten Erdogan. In einem „Rechtsfreier Raum“ genannten Séparée wird dazu der Kniff genutzt, öffentlich zugängliche Dokumente im Netz aufrufen zu können - etwa jene Mitteilung des Landgerichts Hamburg, in der auseinanderdividiert wurde, welche Verse verboten sind und welche nicht. In einer ganz anderen Ecke findet man einen Pappaufsteller mit der Abbildung eines Mannes. „Das ist der Anwalt von Erdogan“, stellt Böhmermann fest. Ansonsten bleibt er bei dem Thema aus guten Gründen recht schmallippig.

Und warum das alles? „Wir haben in den letzten Jahren viele Sachen gehabt, die im Fernsehen nicht funktionieren, die so links und rechts runtergefallen sind auf der Hobelbank“, erklärt Böhmermann. Diese würden nun umgesetzt. Fast beschwichtigend sagt er: „Wir kommen ja vom Witz. Und da gehen wir auch wieder hin.“