„Wetten, dass..?“-Absage vor laufender Kamera
Leipzig (dpa) - Ein Hauch von Wehmut kam immer wieder durch, als Thomas Gottschalk durch seine vorletzte „Wetten, dass..?“-Sendung nach mehr als 23 Jahren führte. Das Dauer-Abschiedsfest für den König der deutschen Fernsehunterhaltung ist auf der Zielgeraden.
In Leipzig gab es Sekt statt Selters für die Wettpaten, Ausschnitte aus alten Shows für den Abschiedsschmerz und am Ende bekam Gottschalk als bewegendes Ständchen eine auf ihn getrimmte Version von Udo Lindenbergs Klassiker „Dein Ding“. Aber im Mittelpunkt stand nur eines: Die Absage von Hape Kerkeling als Gottschalks Nachfolger.
Gottschalk steuerte durch die drei Stunden routiniert mit seiner bewährten Mischung aus locker und flapsig und ließ wenig Zweifel daran, dass „Wetten, dass..?“ sein Ding ist. Nur ein Erbe für den Samstags-Dauerbrenner, der fehlt dem 61-Jährigen bisher. Der bis zur letzten Minute als Favorit gehandelte Komiker Kerkeling sagte vor laufenden Kameras ab : „Nein, ich möchte nicht, lautet die kurze Antwort.“ Die lange: „Nein, ich werde es nicht machen.“ Er wolle sich nicht auf die eine Sendung festlegen. Monatelange Spekulationen waren beendet - mit einer Absage hatten wohl nicht viele Zuschauer gerechnet.
Am Anfang, als plötzlich anstelle von Gottschalk ausgerechnet Kerkeling in der Rolle des schmierigen Reporters Horst Schlämmer die Gäste begrüßte, sah es für wenige Minuten fast schon so, als sei die Ära Gottschalk vorzeitig zu Ende gegangen. Auch wenn Schlämmer für Kerkeling („die Hackfresse“) abgesagt hatte, dem Zuschauer war nicht klar: War das ein Gag oder nicht? Bis zum „Nein“ vor laufender Kamera vergingen noch fast zwei Stunden.
„Hier wird dringend ein Moderator gesucht!“, musste Gottschalk dann rufen, als Kerkeling mit ernstem Tonfall absagte und die Enttäuschung der Zuschauer spürbar war. Die einzige spontane Zusage erhielt er von Sänger und Hollywood-Star Justin Timberlake, der mit seinem deutschen Wortschatz („Ich habe einen Schraubenschlüssel“) verblüffte. Dem Vernehmen nach soll die Nachfolge nun erst nach der Gottschalk-Ära geklärt werden. Gottschalks letzte Sendung wird am 3. Dezember aus Friedrichshafen ausgestrahlt, unter anderem mit Designer Karl Lagerfeld als Gast. Doch leicht wird es nicht werden für jeden, der nun die Show übernimmt. Kerkeling stand seit Monaten im Mittelpunkt. Ein anderer Moderator - egal ob Jörg Pilawa, Stefan Raab, Barbara Schöneberger oder Anke Engelke - könnte wie die „zweite Wahl“ aussehen.
Angesichts der nebligen Zukunft musste die 150. „Wetten, dass..?“-Ausgabe eine entscheidende Botschaft vermitteln: Das von Frank Elstner 1981 entwickelte Format hat noch Potenzial. Auch weil die Diskussionen nach dem schlimmen Unfall des Wettkandidaten Samuel Koch, Gottschalks Abschied und schwächelnde Quoten schon auch bei seinen Sendungen für Zweifel an der Zukunft von Europas populärster Unterhaltungssendung sorgten. Am Samstag - angeheizt auch von der Nachfolger-Diskussion - stimmte die Quote jedenfalls wieder: Der Marktanteil lag bei 32,3 Prozent, 9,93 Millionen Zuschauer schalteten ein.
Spannende und witzige Wetten sind letztlich die Existenzberichtigung der Show, und da legten sich die Veranstalter diesmal sichtlich ins Zeug. Der Italiener Tazio Gavioli hangelte sich mit einer Hand eine fünf Meter hohe Sprossenwand hoch. Isabel Marschall aus der Nähe von Bad Kreuznach erkannte mit verbundenen Augen Hunde an Kopf und Atem. Und Wettkönig Stefan Pochmann löste unter Wasser mit angehaltener Luft und verbundenen Augen einen Zauberwürfel, dessen Farbfeldkombinationen er sich zuvor eingeprägt hatte. Dafür standen sogar die Wettpaten geschlossen von der Couch auf, um die Leistung des 34-jährigen Diplominformatikers zu würdigen.
Auf der Wettpaten-Couch gab es wieder einige Stammgäste „zwischen Hollywoodglamour und guter deutscher Hausmannskost“, wie Gottschalk zuvor angekündigt hatte. Neben Timberlake und Kerkeling waren die Komiker Otto Waalkes und Dirk Bach dabei. Schauspielerin Andrea Sawatzki kam mit einem gewagten Dekolleté. Boxweltmeister Wladimir Klitschko, der gerade für den nächsten Kampf trainiert, wirkte etwas müde - und sprang selbst auf die Ansprachen der schönen Co-Moderatorin Michelle Hunziker nicht wirklich an.
Den Showteil bestritten Udo Lindenberg mit Clueso in einer Neuauflage des Lindenberg-Evergreens „Cello“, die Actionshow „Batman“, das Musical „Kein Pardon“ mit Dirk Bach in der Hauptrolle und Geiger David Garrett. Letzterer beeindruckte das Publikum zudem mit einer Hommage an eine vor mehr als zwei Jahrzehnten gelaufene Wette. Damals trat ein junger Kandidat an, der unterschiedliche Geigensoli binnen Sekunden erkannte. Garrett toppte dies, indem er innerhalb der aus unterschiedlichen Aufnahmen des selben Stücks den Interpreten, dessen Instrument und den Dirigenten erkannte.