Zurück im Geschäft: Kachelmann moderiert wieder
Berlin (dpa) - Stimme und Tonfall klingen vertraut, die Aussprache allerdings ist gewöhnungsbedürftig. Jedenfalls für deutsche Zuhörer. Jörg Kachelmann ist erstmals seit seiner Verhaftung wieder auf Sendung.
Beim Lokalsender Radio Basel verkündete er am Freitag das „Weekend-Wetter“ - in bestem Schweizerdeutsch. Punkt 12.40 Uhr sagte der Moderator, dem in Deutschland wegen Vergewaltigungsvorwürfen der Prozess gemacht wird, „einen Hauch von Winter über der Region“ voraus.
Ganz der Alte, flapsig und ein wenig atemlos, kündigte er ein paar Wolken, kleine Aufhellungen und hin und wieder einige „Flöckchli“ an. Beruhigend: Große „Schneehaufen“ seien nicht zu erwarten. Das Ganze bei etwa „minus drü Grad“. Wer Temperaturen über dem Gefrierpunkt spüren wolle, der müsse sich schon in der Nähe eines Marroni-Standes aufhalten, scherzte der 52-jährige Schweizer, der seit sechs Monaten wieder auf freiem Fuß ist. Im März 2010 war er verhaftet worden, seit Anfang September steht er vor dem Landgericht Mannheim, weil er seine Ex-Freundin vergewaltigt und mit einem Messer bedroht haben soll. Kachelmann bestreitet die Tat. Der Prozess soll sich noch bis ins Frühjahr ziehen.
Der Chefredakteur des Schweizer Senders, Christian Heeb, bestätigte der Nachrichtenagentur dpa: „Jörg Kachelmann arbeitet wieder.“ Heeb hat keine Probleme damit, den bekannten Wettermoderator trotz des laufenden Verfahrens ans Mikrofon zu lassen. Solange Kachelmann nicht verurteilt sei, gelte weiter die Unschuldsvermutung: „Wieso soll er auf seinen Job verzichten? Dies ist keine PR- Geschichte.“ Er und Kachelmann seien befreundet, sagte Heeb dem Onlineportal „Blick.ch“.
Mit dem Sender hat der prominente Wettermann seit eineinhalb Jahren einen langfristigen Vertrag. Kurz vor Weihnachten habe Kachelmann Kontakt zu ihm aufgenommen, erzählte Heeb der dpa. „Da hab ich mich gefreut“, verriet Heeb der „Basler Zeitung“. Der Moderator war für die Aufnahmen aber nicht vor Ort.
Der Anfang eines Comebacks? Es seien weitere Moderationen beabsichtigt, sagte Urs Knapp, Sprecher des von Kachelmann gegründeten Wetterdienstes Meteomedia auf „Blick.ch“. Kachelmann könne das Wetter aber nicht täglich präsentieren, räumte Knapp ein. Schließlich habe er „im Moment verständlicherweise andere Prioritäten“. „Der Prozess lässt ihm zeitlich sehr wenig Freiraum. Aber am Freitag hat er keine Gerichtstermine.“
Auch im deutschen Radio schließe Kachelmann Engagements als Wettermoderator nicht mehr aus, sagte Knapp den Zeitungen der WAZ- Gruppe (Samstagausgaben). Der angeklagte Moderator habe erfahren, dass es Kunden gebe, die gerne wieder mit ihm arbeiten würden. Vermutlich denken sie ähnlich wie Heeb, der sich in der „Basler Zeitung“ zum Stand des Verfahrens gegen den Schweizer so äußerte: „Ich kenn' den Jörg, und ich vertraue ihm.“
Und Fernsehen? Millionen Zuschauer erreichte Kachelmann regelmäßig in der ARD, wo er im Wechsel mit Kollegen jahrelang das „Wetter im Ersten“ moderierte - direkt vor der 20-Uhr-„Tagesschau“ und im Anschluss an die „Tagesthemen“. Seine letzten großen Auftritte hatte er während der Olympischen Winterspiele in Vancouver, wo er das Olympia-Wetter präsentierte. Das ist fast ein Jahr her. Direkt nach seiner Rückreise aus Kanada klickten am 20. März die Handschellen.
Im vergangenen November hatte Kachelmann in der „Bild“-Zeitung noch gesagt: „Ich werde nach all dem keine Wettersendungen mehr moderieren können. Nachdem Staatsanwaltschaft und Medien mein angebliches Privatleben gewaltsam öffentlich gemacht haben, wär's mit dem Blumenkohlwolken-Onkel wohl schwierig. Das Kapitel Fernsehen ist dadurch für mich beendet worden.“ Sein Sprecher sieht das inzwischen optimistischer: „Man soll nie nie sagen.“