Goalie Pfannenstiel steht im Tor zur Welt
Der Fußballer aus dem Bayerischen Wald hat als einziger Profi auf allen Erdteilen gespielt.
Düsseldorf. Er war drei Mal klinisch tot, ist beraubt worden, hat im Gefängnis gesessen - und er ist immer noch Profi-Torwart. Lutz Pfannenstiel ist Fußballer, ein guter, aber kein überragender. Mit 36 Jahren ist er gerade von Norwegen nach Namibia gewechselt.
Man könnte Pfannenstiel, den langmähnigen Hünen aus dem bayerischen Zwiesel, für einen Vagabunden halten, schließlich hat er bei 27 Vereinen in zwölf Ländern gespielt. Er ist der einzige Profi, der auf allen Erdteilen gespielt hat. "Ich habe es nicht drauf angelegt", sagt er. "Aber stolz macht mich das schon."
Die Odyssee beginnt, als er gerade 18 Jahre alt ist. Bayern München, der 1. FC Nürnberg und der VfL Bochum wollen den Jugend-Nationaltorhüter vom 1. FC Bad Kötzting für ihr Amateurteam. Doch Pfannenstiel will sich nicht mühsam hochdienen. Er will gleich spielen, egal wo. Also lässt er sich nach Malaysia vermitteln.
Fortan zieht der Torwart von Land zu Land. Richtig heimisch wird er nirgends. Weil ihn das Fernweh plagt, weil er mit den Gegebenheiten vor Ort nicht zurechtkommt. Im Iran spielt er vor 100 000 Leuten. In Albanien wird er mit Steinen beworfen, in Neuseeland beraubt. In Brasilien muss er vor den Attacken eines Affen vom Trainingsplatz fliehen.
Im Jahr 2000 dringt sein Name von Singapur bis nach Deutschland. Der Torhüter wird in Asien verhaftet, weil er sich angeblich von Wettbetrügern hat kaufen lassen. Ihm wird vorgeworfen, er habe zu gut gehalten. 101 Tage sitzt er ein, ehe seine Unschuld bewiesen ist. Er berichtet später von täglichen Schlägen, schlechtem Essen, einem Loch im Steinboden als Toilette. "Das bringt mich noch heute zur Weißglut." Er nimmt in der Haft 16 Kilo ab. Nach seiner Entlassung reist er sofort ab, in Singapur ist er nie mehr gewesen.
Schließlich spielt er am 26. Dezember 2002 beim englischen Club Bradford Park Avenue. Das Knie eines Gegners trifft ihn an der Brust, Pfannenstiel bleibt bewusstlos im Matsch liegen. "Ich war drei Mal klinisch tot", sagt er. Er wird wiederbelebt, darf bald wieder auf den Platz - und packt die Koffer.
Beim norwegischen Zweitligisten Manglerud hatte er sich eigentlich wohl gefühlt. "In meinem früheren Leben muss ich Wikinger gewesen sein", sagte er im Sommer. Doch vor zwei Wochen hat er in Namibia unterschrieben, als Trainer, Torwart, Sportdirektor und Pressesprecher. Vier Jahre will er noch spielen, vielleicht weiter mit seiner usbekischen Frau und seiner Tochter um die Welt ziehen und danach Trainer werden. "In die Bundesliga werde ich es wohl nicht mehr schaffen", sagt er.
Dafür hat er eine Menge anderer Projekte. Am Donnerstag erscheint seine Biografie. Mit Fußballspielen an ungewöhnlichen Orten will er auf den Klimawandel aufmerksam machen, für Dezember 2010 plant er ein Spiel in der Antarktis. Dort hat selbst er noch nicht gespielt.
Lutz Pfannenstiel: "Unhaltbar - Meine Abenteuer als Welttorhüter", Rowohlt Taschenbuch, 8,95 Euro.