Gold ist wichtiger als Sponsoren

Der Sport von Pierre de Coubertin ist für Vermarkter kein Renner. Lena Schöneborn ist trotzdem glücklich.

Berlin/ Düsseldorf. Sie ist Olympiasiegerin. Aber wenn sie am Kurfürstendamm in Berlin ihren Latte macchiato trinkt, erkennt sie keiner. Niemand will ein Autogramm von Lena Schöneborn, keiner spricht sie an. Wenn Franziska van Almsick vorbeikommt, gibt es einen Menschenauflauf, bei Lena Schöneborn tut sich gar nichts.

Ihr ist das gar nicht unangenehm, obwohl ein wenig mehr Rummel auch nicht schlecht war. Unmittelbar nach den Olympischen Spielen in Peking. Nach der Goldmedaille, nach dem größten Erfolg ihrer Laufbahn.

Von einem Tag auf den anderen war alles anders. Als sie im Olympiastadion die abschließenden 3.000 Meter mit zehn Sekunden Vorsprung gewann, brauchte sie lange Sekunden für ein Lächeln, das manche umwerfend nennen.

Lena Schöneborn ist eine schöne junge Frau, sie ist 22 Jahre alt, sie startet für die Schwimm- und Sportfreunde Bonn, lebt und studiert in Berlin.

In Zeiten der Finanzkrise hat sie eine anspruchsvolle Aufgabe übernommen. Bei einer Bank gibt sie Kurse in Mitarbeitermotivation. Ihre Qualifikation für diesen Job ist das olympische Gold.

Wer die ganze Welt schlagen kann, kann auch den Bankangestellten vermitteln, was es mit Leistungsbereitschaft auf sich hat. Die Berliner Bänker haben Lena dafür ein ordentliches Honorar überwiesen.

Sie kann es gut gebrauchen, weil olympisches Gold im Modernen Fünfkampf vielleicht ein großes Glücksgefühl vermittelt. Aber einen Sponsor hat Lena Schöneborn bis heute nicht gefunden. Ihr Reichtum bleibt der sportliche Erfolg, ein Olympiasieg ist wichtiger als Sponsoren.

Sie hat in Peking das erste Gold für den deutschen Modernen Fünfkampf seit 1936 in Berlin gewonnen. In China war sei eine Heldin, jeder hat sie gefragt, sie wurde vor jede Kamera gezerrt. Und Klaus Schormann, der emsige Präsident des deutschen und internationalen Verbandes, ein dienstbefreiter Oberstudienrat, dachte bereits, die finanziell klammen Zeiten für seine Sportart wären mit Olympiagold vorbei.

Was für eine grandiose Fehleinschätzung. Vier Monate später ist Lena Schöneborn zurück im Alltag. In Peking war sie die Heldin des Augenblicks, in Berlin ist Olympiagold vergessen. Keiner erkennt sie auf dem Kurfürstendamm, sie hat ihr Business-Studium wieder aufgenommen.

"Ich habe mich natürlich gefragt, ob man einen Olympiasieg im Modernen Fünfkampf vermarkten kann." Sie hat einen Manager gesucht, weil es schön wäre, "wenn jemand da ist, der die Marke Lena verkaufen könnte". Erzählt sie in Baden-Baden bei der Gala der Sportler des Jahres, wo sie einen sensationellen vierten Platz belegt.

Aber es hat sich kein Manager gemeldet. Auch auf ihren schläfrigen Verband setzt Lena keine Hoffnung mehr. "Da kommt gar nichts." Obwohl mit einer Olympiasiegerin die Voraussetzungen zur Sponsorensuche eigentlich gut sein müssten. "Einfacher als jetzt wird es jedenfalls nicht mehr", sagt sie.

Schormann sorgt sich weiter um die olympische Zukunft. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) war mehrfach versucht, die Disziplin ihres Gründers Baron Pierre de Coubertin aus dem Programm zu streichen. Schormann reformierte seine Sportart, alles findet jetzt an einem Tage statt.

Und ab 1. Januar beginnen die Fünfkämpfer diesen Wettkampftag mit Fechten, es folgen Schwimmen und Springreiten. Laufen und Schießen werden in einer Art Sommerbiathlon zusammengelegt, Schormann verspricht sich mehr Fernsehpräsenz, aber nicht nur Lena Schöneborn zweifelt daran, dass dieser Effekt eintreten wird.

"Viel wichtiger wäre, die Präsentation unserer Wettbewerbe zu verbessern." Ein Kommentator könnte dem ahnungslosen Publikum den komplizierten Ablauf der Sportart und die aktuellen Ergebnisse vermitteln. Damit endlich jemand begreift, wie man in einem olympischen Fünfkampf auf 5.792 Punkte kommen kann. Wie Lena bei ihrer Goldmedaille in Peking.

Kurzfristig dachte sie sogar daran, mit 22 Jahren ihre Karriere zu beenden. Weil sie mit dem neuen Modus nicht einverstanden ist. Weil das Schießen ihrer Meinung nach "vollkommen unterbewertet wird".

Aber Lena hat es sich dann doch noch einmal überlegt. "Es wäre nicht klug, jetzt aufzuhören", sagt sie in Baden-Baden. Bis Olympia 2012 in London will sie auf jeden Fall weitermachen. Ende Juni 2009 finden in Leipzig die Europameisterschaften statt.

Vielleicht hat sie ja dann auch einen Sponsor gefunden.