Grün, nachhaltig, trendy - Ökomode auf dem Vormarsch
Berlin (dpa) - Immer mehr Verbraucher wollen wissen, was sie auf der Haut tragen. Die Fashion Week in Berlin zeigt, dass Öko-Mode alles andere als langweilig ist. Sie kann cool, glamourös, zeitlos und verführerisch sein.
Alarmmeldungen über katastrophale Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken Asiens sorgen immer wieder für Schlagzeilen. Vor allem der verheerende Fabrikeinsturz in Bangladesch im vergangenen Jahr mit mehr als 1100 Toten hat ein Nachdenken in der Branche ausgelöst. Bei der Berlin Fashion Week (14. bis 19. Januar) ist die Öko-Mode diesmal so stark vertreten wie nie. Sogar auf dem offiziellen Programm der Laufstegschauen am Brandenburger Tor sind Labels gelistet, die sich ausschließlich der fairen Produktion verschrieben haben.
Sie alle wollen zeigen, dass Naturmode längst nicht mehr Jutetasche und Korksandale bedeutet, sondern chic, jung und trendy sein kann. So zeigte beispielsweise „Hessnatur“ bei der angesagten Präsentation des Green Showroom (14. bis 16. Januar) im Berliner Kronprinzenpalais ein verführerisches weißes Abendkleid mit viel Haut und langer Schleppe, Johanna Riplinger schickte ihr Model als Vamp auf den Laufsteg. Sogar Grünen-Politikerin Renate Künast war sichtlich angetan.
Insgesamt bieten allein drei der rund ein Dutzend Verkaufsmessen während der Modewoche ausschließlich Eco Fashion an, wie es neudeutsch heißt. Daneben gibt es den Lavera Showfloor, der zum dritten Mal innovative und anspruchsvolle Öko-Labels vorstellt. „Im Beauty-Bereich hat sich die Naturkosmetik schon längst etabliert. Wir möchten, dass auch bei der Mode die Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema wird“, sagte Lavera-Geschäftsführerin Klara Ahlers der Nachrichtenagentur dpa.
Die 47-jährige Kosmetik-Managerin finanziert gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Thomas Haase den glamourösen Laufsteg-Event mit einer halben Million Euro aus eigener Tasche. Beim Auftakt am Mittwochabend (15. Januar) ging sie mit gutem Beispiel voran. Ihr reichlich durchbrochenes Abendkleid war garantiert nachhaltig - von einer Modeschülerin handgehäkelt, natürlich aus zertifizierter Baumwolle.
Die aus Celle stammende Designerin Katharina Kaiser stellte für den kommenden Herbst und Winter eine zeitlose, klassische Kollektion mit viel Liebe zum Detail vor. Die Stücke würden von deutschen Familienbetrieben mit besonders überprüften Stoffen gefertigt, sagte sie. „Ich habe lange in der Industrie gearbeitet und weiß, wie die Produktionsbedingungen in Asien sind.“
Für die Berliner Designerin Nanna Kuckuck, die ihre atemberaubenden Abendroben im Hollywoodstil nur als Einzelstücke nähen lässt, gingen Schauspielerin Alexandra Kamp und Moderatorin Tanja Bülter als Models und Öko-Botschafter auf den Laufsteg. „Ich will zeigen, dass Luxus und Umweltschutz sich nicht ausschließen“, sagte Kuckuck. Den normalen Geldbeutel sprengen ihre Kreationen allerdings. Die Abendkleider fangen bei 1400 Euro an, die Abendroben bei 1800 Euro.
Zum Abschluss der Fashion Week hat im Modezelt am Brandenburger Tor das Berliner Label Umasan seinen Einstand gegeben. Die eineiigen Zwillinge Sandra und Anja Umann (35) hatten die Marke vor drei Jahren gegründet. „Wir wollten der Oberflächlichkeit und Schnelllebigkeit der Branche etwas entgegensetzen. Das Rad dreht sich ja immer schneller und schneller“, sagt Sandra Umann.
Seither entwerfen die Zwillinge asiatisch inspirierte „Feel Good“-Mode aus innovativen veganen Fasern, etwa aus Bambus, nachwachsender Buche oder Eukalyptusholz, zum Teil angereichert mit hautschützenden Algen oder entzündungshemmendem Zink. Tierische Materialien wie Wolle, Kaschmir, Leder oder Pelz sind tabu.
Den Auftritt im Allerheiligsten der Modewoche haben die beiden Designerinnen bei einem Förderwettbewerb des Senats gewonnen. „Uns ist wichtig, dass ökologische Mode nicht nur separat auf Extra-Messen gezeigt wird“, sagt Sandra Umann. „Sie muss sich in die herkömmlichen Fashion-Shows integrieren - als etwas Normales, als Standard.“