Gülle verseucht das Grundwasser
Ein neues Kataster soll die Kontrolle ermöglichen, auf welchen Feldern wie viel Mist landet.
Düsseldorf/Kempen. Wenn die Landwirte den Mist ihrer Tiere auf die Felder fahren, stinkt es oft zum Himmel. Dies aber ist das kleinere Problem, das von der Gülle ausgeht. Im Grundwasser führt zu starke Düngung zu einer überhöhten Nitratbelastung — besonders in Landstrichen mit viel Viehhaltung, wie Untersuchungen zeigen.
Deutschland droht deshalb Ungemach von der EU, die betroffenen Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen steuern jetzt mit einem sogenannten Güllekataster gegen. „Das neue elektronische Meldesystem ist verpflichtend für alle Landwirte, die Gülle außerhalb ihres Hofes verbringen“, erklärt der Sprecher des Landwirtschaftsministeriums, Wilhelm Deitermann. Die Datenbank erfasse, welcher Landwirt wie viele Tiere besitze, wie viel Gülle produziert werde und wohin er die Gülle transportiere.
Peter Josef Coenen, Landwirt und Vorsitzender der Ortsbauernschaft Kempen, ist verärgert über das Güllekataster. „Da ist mal wieder eine neue bürokratische Hürde, die unser Landwirtschaftsminister hier aufbaut“, sagt Coenen. „Das ist für mich reiner Aktionismus.“
Er habe auch in der Vergangenheit genau erfassen müssen, was mit seiner Gülle passiert und an wen er wieviel weiterverkauft. „Wir Landwirte gehen sehr verantwortungsvoll bei der Düngung vor. Da hat definitiv in den vergangenen Jahren ein Umdenken stattgefunden. Außerdem könnten wir es uns auch gar nicht mehr leisten, irgendwo zu viel Dünger zu verwenden.“
Beim NRW-Landwirtschaftsministerium verteidigt man das Vorgehen der neuen elektronischen Erfassung „Vorher fand bei den Landwirten eine Art Zettelwirtschaft statt, und jeder heftete seine Quittungen für die Gülle privat ab. Diese Daten wurden damit für uns praktisch gar nicht erhoben“, sagt Deitermann.
In Nordrhein-Westfalen sollen die Daten der im April 2013 gestarteten Datenerfassung Mitte dieses Jahres erstmals ausgewertet werden. „Das Kataster werden wir dafür nutzen, Indizien zu finden, wo etwas nicht richtig läuft“, meint Deitermann. Wer sich nicht daran beteilige, müsse mit Sanktionen rechnen. Dies sei dringend nötig, denn die EU-Kommission drohe Deutschland mit einem Vertragsverletzungsverfahren.
Der Vorwurf: Deutschland tut nicht genug für die Gewässerqualität. Seit Jahren würden in Boden und Wasser örtlich erhöhte Werte an Nitrat gemessen. Dies wird im Körper in Nitrit umgewandelt und soll krebserregend sein.
Der Rheinische Landwirtschaftsverband versucht in diesem Konflikt zwischen seinen Mitgliedern und dem Ministerium zu vermitteln. „Natürlich haben wir wieder etwas mehr Bürokratie. Aber wir nehmen das in Kauf, weil dadurch auch mehr Transparenz bei der Verwendung der Gülle entsteht“, sagt Verbandssprecherin Andrea Bahrenberg. Dadurch werde das Vertrauen der Verbraucher in die Landwirtschaft gestärkt und „schwarze Schafe können leichter entdeckt werden“, sagt Bahrenberg.