Rupert Neudeck - Die Cap Anamur war sein Schicksal
Rupert Neudeck, Gründer von zwei unabhängigen Hilfsorganisationen, wird am Mittwoch 75 Jahre alt.
Troisdorf. Rupert Neudeck ist ein Mann der leisen Töne - und der großen Taten. Der Gründer der beiden Hilfsorganisationen Cap Anamur (1979) und Grünhelme (2003) hat sich der „radikalen Humanität“ verschrieben. Seit Jahrzehnten. Dem schmalen Herrn und seinem beherzten Einsatz zwischen 1979 und 1986 im Südchinesischen Meer verdanken mehr als 11 340 Flüchtlinge aus Vietnam — die Boat People — ihr Leben. Neudeck, der in Troisdorf bei Bonn mit seiner ebenso engagierten Frau Christel in einem Reihenhäuschen lebt, wird am Mittwoch 75 Jahre alt.
„Wir werden zeitlebens nicht loskommen von der schönen Bürde, Eltern von Cap Anamur und den Grünhelmen zu sein“, sagt Neudeck. Cap Anamur mit Einsätzen in bisher gut 50 Ländern nennt der Journalist die große Schwester der Grünhelme. Die kleinere Schwester konzentriert sich bewusst auf wenige Länder und ist aktuell im Kongo, in Ruanda, Kenia, auf den Philippinen, in Mauretanien und in Palästina aktiv. Cap Anamur kümmert sich um medizinische Projekte, die Grünhelme sind auf bautechnische Vorhaben spezialisiert.
Er selbst mache keine großen Reisen mehr, überlasse das seinen „hervorragenden Nachfolgern“, sagt Neudeck, der drei Kinder und fünf Enkel hat. Cap Anamur und die Grünhelme seien unter den humanitären Organisationen „die beiden einzigen, die es geschafft haben, allein mit Spendengeldern zu arbeiten“. Diese Unabhängigkeit von Staat und Politik ist für den Mann mit dem weißen Bart ein hohes Gut.
Prinzipiell gilt: Bevor Ärzte oder Ingenieure in ein Krisenland geschickt werden, hat jemand aus der Vereinsspitze die Lage vor Ort am eigenen Leib überprüft. Ein „schrecklicher Einschnitt“ war es für Neudeck, als drei Mitarbeiter 2013 in Syrien entführt wurden. Wie wahnsinnig habe man um deren Leben gebangt, bis sich die Mitarbeiter selbst befreien konnten.
Zu Neudecks Geburtstag ist sein Buch „Radikal leben“ erschienen, in dem er sich bewundernd über Papst Franziskus äußert. „Dass jemand, der staatsrechtlich und völkerrechtlich gesehen ein Staatschef ist, seinen ersten Staatsbesuch nicht in Washington, Paris, London oder Moskau macht, sondern in Lampedusa, zeigt doch: Das Tun ist wichtig, nicht das Deklarieren“, sagt Neudeck, der unter anderem Theologie studiert und promoviert hat. Franziskus gehe es um gelebte Barmherzigkeit.
Neudeck denkt nicht ans Aufhören, aber: „Wir sind schon dabei, etwas kürzerzutreten.“ Unermüdlich wirbt er für Cap Anamur und die Grünhelme, sammelt Spenden. Sorge bereitet ihm: „Dass es schwieriger wird, Leute zu finden, die bereit sind, in ein Risiko zu gehen, auch wenn es kalkulierbar und vernünftig ist.“