Digitale Gewalt „Wenn Frauen online beleidigt werden, wird es erniedrigend“
Düsseldorf · Sängerin Lena Meyer-Landrut macht mit einem Selfie bei Instagram auf drastische Hasskommentare in den sozialen Medien aufmerksam. Die Folgen von digitalem Mobbing können massiv sein.
Auf dem Bild bei Instagram zeigt sich Lena Meyer-Landrut (27, „Satellite“) mit Beleidigungen wie „hässlich und nichts wert“ oder „Du dumme Schlampe“. Das Bild bekam bereits über 143.000 Likes (Stand Donnerstagmittag) und Tausende Kommentare, unter denen viele positive, aber auch kritische Stimmen waren.
„Du bist toll <3 Scheiß auf die Hatekommis. Die wollen nur Aufmerksamkeit“, schreibt etwa ein Instagram-Nutzer unter das Bild. Andere berichten in den Kommentaren von ihren eigenen Erfahrungen mit Hasskommentaren.
Sogenannte digitale Gewalt – also beleidigende und bedrohende Kommentare im Internet, die meist sexistische und frauenfeindliche Untertöne haben – hat oft weitreichende Folgen für die Betroffenen. Viele Frauen fühlen sich in ihrer eigenen Sicherheit oder um die ihrer Angehörigen bedroht. Auch gesundheitlich können sich Angriffe im Netz auf die betreffenden Personen auswirken: von Schlafproblemen und Konzentrationsschwierigkeiten, aber auch von Panikattacken und Angstzustände haben Frauen in einer Studie von Amnesty International über die Folgen digitaler Gewalt berichtet. Die Übergriffe in sozialen Medien erreichen die Betroffenen in privaten, normalerweise geschützten Räumen, sich ihnen zu entziehen, ist schwer.
Frauen sind von Online-Mobbing besonders betroffen
Verfassern von Hasskommentaren gehe es oft um Demütigung, sagt Autorin Ingrid Brodnig („Hass im Netz. Was wir gegen Hetze, Mobbing und Lügen tun können“). Dabei erlebten Frauen oft noch eine andere Form von Mobbing als Männer. „Wenn Frauen online beleidigt werden, dann geht es sehr schnell um das Körperliche, dann wird es erniedrigend, das Aussehen wird herabgewertet, man wird als Schlampe bezeichnet.“
Die Sängerin Lena Meyer-Landrut hätte mit ihrem Spiegel-Selfie gegen Mobbing im Netz aus Sicht der Expertin genau richtig reagiert. Indem sie die Beleidigungen auf den Spiegel schreibe, zeige sie das Problem, ohne den Beschimpfern selbst eine Bühne zu bieten, sagte Brodnig. „Sie entwendet ihre Worte, um es zu thematisieren. Das finde ich als Ebene sehr klug.“
Die Studie der Menschenrechts-Organisation zeigt, dass der Umgang der Polizei mit dem Thema für Betroffene oft wenig hilfreich ist. Auch von Plattformbetreibern und anderen Usern käme nur selten Unterstützung.
Solche Erlebnisse anzusprechen, sei daher wichtig. „Auch wenn jemand total berühmt ist, nagt das an einem. Niemand ist so hart, dass das komplett spurlos an einem vorübergeht“, sagte Brodnig. „Das Schlimmste ist, wenn Opfer sowas in sich hineinfressen, wenn sie das nicht teilen.“