„Hasskriminalität“ soll schärfer bestraft werden

Zwei ostdeutsche Justizministerinnen wollen Bewährung zur Ausnahme machen.

Düsseldorf. Die Vorfälle im sächsischen Mügeln könnten einem Vorstoß Rückenwind geben, mit dem zwei ostdeutsche Politikerinnen härtere Strafen gegen rechtsextreme Gewalttäter durchsetzen wollen. Am 21. September bringen Beate Blechinger (CDU), Justizministerin von Brandenburg, und ihre Amtskollegin aus Sachsen-Anhalt, Angela Kolb (SPD), im Bundesrat eine Gesetzesinitiative ein, wonach so genannte Hasskriminalität schärfer geahndet werden soll. Rechtstechnisch soll das aber nicht durch einen neuen speziellen Hass-Paragraphen geschehen. Die Stellschraube soll an grundsätzlicherer Stelle gedreht werden. Während im Normalfall vom Richter verhängte kurze Freiheitsstrafen in der Regel zur Bewährung ausgesetzt werden, soll bei Hasskriminalität diese Regel zur Ausnahme werden. Strafvollstreckung statt Bewährung soll der Regelfall sein, wenn "Beweggrund der Tat die politische Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft, das äußere Erscheinungsbild, eine Behinderung oder die sexuelle Orientierung des Opfers ist".

"Strafen auf Bewährung werden als Freispruch gefeiert"

Andreas Marneros, Psychiatrie-Professor an der Universität Halle-Wittenberg und Gutachter in Strafprozessen gegen rechtsextreme Gewalttäter, kritisiert zu milde Strafen. "Strafen auf Bewährung werden von rechtsextremen Gewalttätern als Sieg gefeiert. Die wissen gar nicht, was Bewährung ist. Die denken, sie wurden freigesprochen", sagte er kürzlich bei einem Expertentreffen. Und so würden milde Strafen mitunter als Ermunterung zu einer neuen Straftat missverstanden. Die Ministerinnen Blechinger und Kolb betonen denn auch, der Rechtsstaat müsse Stärke gegenüber extremistischen Schlägern zeigen, "die ihre Opfer nicht als Individuum, sondern als Vertreter einer von ihnen verhassten Gruppe angreifen". Auf Unterstützung durch ihre nordrhein-westfälische Amtskollegin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) können die Ministerinnen im Bundesrat kaum zählen. "Die Gesinnung, die aus der Tat spricht, also etwa Ausländerfeindlichkeit, ist bereits nach geltendem Recht bei der Strafzumessung zu berücksichtigen", kommentierte sie den Vorstoß. Und FDP-Rechtsexpertin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sieht in den Plänen "die Gefahr von Gesinnungsstrafrecht". Jerzy Montag, rechtspolitischer Sprecher der Grünen, nannte den Vorstoß "Populismus von Landespolitikern". Man solle besser "die Justiz auf Trab bringen". Richter könnten bei rechtsextremistischen Straftaten schon jetzt bis an die Grenzen des Strafmaßes gehen." Nur: Das tun sie offenbar nicht. Vielleicht würde eine Gesetzesänderung, an der die Richter nicht vorbeikämen, da mehr bewirken als bloße Appelle.