Hektik an Bahnhöfen - 100 000 deutsche Toruisten sitzen im Ausland fest
Köln/Berlin (dpa). Der Geschäftsmann aus Indien will nach Hause,zwei chinesische Touristinnen träumen weiter vom Reiseziel Prag, einKairo-Urlauber muss dringend zurück nach London.
Keiner kann fliegen,der Luftraum über Deutschland bleibt auch am Montag wegen derAschewolke aus Island gesperrt.
Am Kölner Hauptbahnhof quellen immermehr Menschen mit Bergen von Gepäck aus den Fernzügen, die Schlangen anTicket-Schaltern und Info-Ständen wachsen stündlich. Man hört Englisch,Italienisch, Französisch, skandinavische Sprachen, Chinesisch,Japanisch und ganz exotische Klänge. Selten war der Hauptbahnhof am Domso international wie am Tag vier des Flugverbots.
Während an vielen deutschen Flughäfen - wie auch in Köln/Bonn - weitergähnende Leere herrscht, nimmt der Trubel an den Bahngleisen zu. Aberkein Chaos, fast alle üben sich in Geduld, zumindest in der Domstadtgeht kaum jemand in die Luft: „Die meisten Leute bleiben gelassen undnehmen das mit Humor“, sagt Vibeke Boeg, die für ein Ticket nachHamburg ansteht. „Ich versuche nach einem Meeting in Brüssel schon seitDonnerstag wieder nach Kopenhagen zurückzukehren und hoffe jetzt aufden Umweg über Köln und Hamburg.“
Rajinder Singhsond wollte nach einem geschäftlichen Treffen am Freitagvon Brüssel nach Indien fliegen, sitzt nun in Köln fest. „An jedem Tagkommt die Nachricht: Wieder kein Flug möglich. Ich möchte jetzt nachBrüssel fahren, mit dem Euro-Train durch den Tunnel und dann überLondon heim. Aber die Züge nach Brüssel sollen schon alle voll sein.Weiter Warten auf einen Flug kommt aber auch nicht in Frage.“ Allein amMontag fallen in Europa laut Luftsicherheitsbehörde Eurocontrol 70Prozent der Flüge aus.
Zehntausende Reisende müssen nach dem Vulkanausbruch umplanen, steigenauf Busse, Autos oder Bahnen um. Auf Straßen und Schienen herrschte inden vergangenen Tagen an manchen Orten Ausnahmezustand. „Wir haben eineabsolute Ausnahme-Situation, ein Naturphänomen, für das man niemandenverantwortlich machen kann. Wir versuchen so gut wie möglichklarzukommen und Ersatz anzubieten“, sagt ein Bahn- Sprecher inDüsseldorf. „Die Züge sind voll, wir haben alles unterwegs, was fahrenkann.“
Nicht nur zusätzliche Züge sind im Einsatz, an allen großen Bahnhöfensind auch mehr Service-Kräfte tätig als sonst. Sie helfen an denTicket-Automaten, trösten und beraten - meist auf Englisch. „Wir spürenviel Verständnis und Geduld bei den Kunden, wir tun, was wir können,aber dass wir nicht nach Mallorca abheben können, ist allen klar“,betont der Bahn-Sprecher. Stundenlanges Warten beim Umsteigen versuchedie Betriebszentrale über kurzfristig abgestimmte Abfahrtzeiten zuvermeiden.
Dave Facwett ist am Freitag wenigstens noch von Ägypten nach Europarausgekommen: „Wir hatten gehört, dass weite Teile des europäischenLuftraums dichtgemacht werden und haben noch den letzten Flieger vonKairo nach Wien gekriegt“, sagt der Lehrer aus London. „Wir haben denTipp bekommen, mit dem ICE nach Lille zu fahren, ab Calais dann mit derFähre nach Dover, dann nach London.“
Olav Ovaa aus Holland - er wartet am vollen Bahnsteig auf den nächstenZug nach Brüssel - ist sauer auf die Deutsche Flugsicherung. Wie vieleFluggesellschaften hält er die Sperrung für übervorsichtig. „Testflügehaben gezeigt: Das Fliegen ist ungefährlich - und wir sitzen hiertrotzdem rum“, sagt der Arzt, der beruflich nach Stavanger in Norwegenmuss. Aino-Maija und ihre 29-jährige Freundin Tüna meinen: „Wir wolltenvon London nach Helsinki fliegen, das hätte zweieinhalb Stundengedauert. Jetzt brauchen wir vier Tage für die Rückreise.“
Strahlendes Gesicht dagegen bei einem 42-jährigen Software- Experten:„Ich bin fürs Business nach Köln gekommen, aber jetzt bin ich Touristgeworden. Meine Firma zahlt, ich war schon auf dem Kölner Dom, dieStadt ist schön. Ich bin nicht in Eile.“