Hohes Venn: Willkommen in der Stille
Auch nach den Moorbränden im Frühjahr ist das Hohe Venn tief im Westen Nordrhein-Westfalens immer noch ein kleines Paradies.
Düsseldorf/ Hohes Venn. Bretthart und schwammig fühlt sich eine Wanderung durch das Hohe Venn an. Hart, wenn der Weg über die Holzstege durch das Moor führt. Weich, wenn der Besucher zwischen Glockenheide, Moorbirke und Heidelbeere über den torfigen Boden stapft.
Dort, am höchsten Punkt Belgiens, treibt der Westwind die Wolken über die Eifel, zerzaust das Haar der Wanderer, wirft silbrige Wellen in die Pfeifengraswiesen und lässt die Birkenblätter rascheln.
Manchmal, wie in diesem Frühjahr, entfacht er auch glühende Zigarettenstummel und trockene Gräser zu einem Brand. Rund ein Fünftel des Hohen Venns zerstörte ein Feuer im April, eine Fläche fast so groß wie 500 Fußballfeldern. Während die Pflanzen die Fläche zurückerobert haben, sind die fast vier Kilometer langen Holzwege in diesem Teil des Moores noch zerstört. Ab dem kommenden Herbst sollen sie durch neue Stege ersetzt werden.
Da das Hohe Venn aus verschiedenen Mooren besteht, gebe es trotz des Feuers noch genug Wanderwege für Touristen, sagt Naturführer Alban Curnel (74) aus Eupen. Er hat schon als Kind die Moosbeeren für Konfitüre gesammelt.
Als Jugendlicher gesehen, wie gepflanzte Fichten den seltenen Lebensraum zerstörten. Als Biolehrer war das Venn sein Studienzimmer. Nach seiner Pensionierung wurde er Naturführer. Er weiß, wann welche Pflanze blüht, wo die Sumpfschnepfe im Morast nach Würmern stochert und warum die Rauschbeere ihren Namen trägt.
Zu welcher Jahreszeit das Hohe Venn am schönsten ist, kann aber selbst der Naturführer nicht sagen. Im Frühjahr leuchte das Moor in der Blütenpracht der Pflanzen, jetzt im Sommer sei man oft allein unterwegs, im Herbst wirke das Moor wilder, und im Winter wirble der Wind die Schneeflocken über das Hochmoor und locke Ski-Langläufer in die Region.
Die meisten Wanderwege dürfen nur in Begleitung von Naturführern genutzt werden. Den Weg verlassen? Verboten! Genauso wie Hunde und Zigaretten. Naturschutz steht im Venn an erster Stelle, seine Tier- und Pflanzenwelt ist bedroht. Vor Jahrhunderten angelegte Gräben entziehen dem Moor noch immer das Wasser, das es dringend braucht. Tiere werden von Wanderern aufgescheucht, Schadstoffe aus der Luft verändern die Lebensgrundlagen der Pflanzen.
Denn das Hochmoor ist vor allem von einem Mangel von Nährstoffen gekennzeichnet. „Wer dort überleben will, muss ein Hungerkünstler sein”, sagt Curnell. Pflanzen, die sich über Jahrmillionen nicht an die kargen Bedingungen im Moor angepasst haben, können nicht überleben.
An einigen Stellen soll das Moor wieder ursprünglich werden. Naturschützer verfüllen Kanäle, stauen Wasser und säen Moose. Das Projekt ist auf Jahrzehnte angelegt — im Jahr wächst der Torf nur einen Millimeter. In hundert Jahren sind dann die Holzstege nicht mehr zu sehen.