Im Untergrund lauert Gefahr: Kohleabbau unterhöhlt NRW

Im Ruhrgebiet und im Oberbergischen finden sich Stollen, die jederzeit einbrechen könnten.

Essen. Eine halbe Million Euro wurde bereits in die Hohlräume unter den Gleisen in der Nähe des Essener Hauptbahnhofs gepumpt. Sicherheit kann das Dezernat für Altbergbau der Bezirksregierung Arnsberg dennoch noch nicht garantieren. Weitere Hohlräume wurden entdeckt. Allein Mittwochnacht wurden 420 Tonnen Füllmaterial unter die Erde gebracht, um zu verhindern, dass der Boden absackt.

Fälle wie am Essener Hauptbahnhof seien spektakulär, aber nicht auf industriellen Bergbau zurückzuführen, betont Ulrich Aghte, Sprecher der RAG, früher Ruhrkohle AG. „Bei Hohlräumen handelt es sich um oberflächennahen Bergbau, der im 17. oder 18. Jahrhundert betrieben wurde. Nach dem Kohleabbau wurden die Stollen nicht verfüllt.“

Altbergbau kann Tagesbrüche verursachen, da die Stollen nicht tiefer als 30 Meter unter dem Erdboden verlaufen. In Essen liegen die Schächte sogar nur 16 Meter unter der Oberfläche. „In der Industrie wird Kohle 700 bis 1000 Meter tief abgebaut. Da kann so was nicht passieren“, sagt Aghte.

In Nordrhein-Westfalen sind 23 000 verlassene Tagesöffnungen des Bergbaus bekannt. Allerdings ist die Dunkelziffer hoch. Erst im 19. Jahrhundert wurden neue Schächte sporadisch aufgezeichnet. Hinzu kommt, dass die Menschen nach den beiden Weltkriegen in ihrer Not illegal nach Kohle gruben. Das macht die Prävention von Bergschäden schwierig.

Die Bezirksregierung Arnsberg versucht durch die Auswertung alter Unterlagen, Gefahrenbereiche des Altbergbaus zu entdecken. Seit 2011 läuft ein Risikomanagement-Programm, das vom Land finanziert wird. Es befasst sich mit 2400 Tagesöffnungen — davon etwa 1800 im Ruhrgebiet und 600 im Oberbergischen Land. Im Ruhrgebiet sind die Städte Bochum, Dortmund, Sprockhövel und Witten betroffen, im Oberbergischen beispielsweise Lindlar, Gummersbach, Marienheide, Waldbröl und Wiehl.

Nicht jeder Hohlraum führt zwangsläufig zum Tagesbruch. Gefahr besteht dann, wenn das Deckgebirge nicht standfest genug ist. Aber Peter Hogrebe, Dezernent für Altbergbau der Bezirksregierung Arnsberg, betont, bei der Vielzahl verlassener Tagesöffnungen sei von einer ständigen Gefährdung auszugehen.

„Bei einer mangelhaften Sicherung und einer fortschreitenden Erosion, etwa durch Wassereintritte, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines Tagesbruchs.“ Dieses Jahr wurden 2013 bereits 122 Tagesbrüche dokumentiert, davon 73 bergbaulich bedingt.

Der Betreiber des Bergbaus muss für den Schaden aufkommen. Im Essener Fall ist die Rechtslage noch nicht eindeutig. „Wer die Kosten trägt, müssen die abschließenden Untersuchungen erst klären“, sagt Christian Chmel-Menges von der Bezirksregierung Arnsberg.

Die Kosten gehen nach ersten Schätzungen in den sechsstelligen Bereich. Eventuell kommen zu den Kosten für die Verfüllarbeiten des Tunnelsystems Schadensersatzansprüche der Bahn hinzu.