Immobilie in bester Lage sucht Exzentriker

An Londons Brompton Road wurde im Krieg die Luftabwehr gegen deutsche Bomber koordiniert — der U-Bahnhof ist jetzt zu haben.

London. Immobilie sucht Exzentriker: In London kommt die ausrangierte U-Bahn-Haltestelle „Brompton Road Station“ im September unter den Hammer. Fans der Metropole dürfte das Angebot elektrisieren: In den letzten Jahrzehnten hatte kaum jemand Zutritt zu dem geheimnisvollen Geisterbahnhof. Das könnte sich bald ändern.

Wer die Stufen in die Brompton Road Station hinabsteigt, begibt auf eine Zeitreise: Muffige Luft steigt auf, an den Wänden grüßen Boten einer vergangenen Ära — schwere Kippschalter, Lautsprecher, Schächte für die Rohrpost. Das Schild „Notausgang“ führt ins dunkle Nirgendwo. Kein Wunder, dass die Immobilie in Knightsbridge, einem der teuersten Standorte Europas, bislang vor sich hindämmerte: Unterirdisch lauern Sicherheitsrisiken für Besucher, überirdisch quartiert das Verteidigungsministerium derzeit noch Offiziersanwärter in der alten Schalterhalle ein.

Jetzt soll das Nahverkehrsjuwel den Besitzer wechseln: Das Maklerbüro Jones Lang LaSalle gibt das Objekt mit einem Startpreis von 25 Millionen Euro auf den Markt. Interessenten für die 2600 Quadratmeter gibt es bereits weltweit. Schließlich findet sich nirgendwo in London mehr eine so große Fläche an einem so zentralen Ort, direkt zwischen dem Kaufhaus Harrods und dem Victoria and Albert Museum. Ein Restaurant, ein Museum, ein extravagantes Privathaus für Superreiche — an dieser Stelle ist alles denkbar. Einzige Bedingung: Man muss den Lärm vorbeibrausender U-Bahnen lieben und einen großen Keller brauchen.

Die Hoffnung vieler Londoner ist freilich, dass das Relikt in seiner Zeitkapsel erhalten bleibt und für alle öffnet. Immerhin wurde hier große Stadtgeschichte geschrieben: Im Zweiten Weltkrieg zogen Militärstrategen sich in den Fahrstuhl-Schacht der Station zurück und planten die Abwehr deutscher Bomberpiloten über London. Selbst Hitler-Vize Rudolf Heß soll hier verhört worden sein.

Genervte Pendler beneiden derweil schon den Käufer in spe: Theoretisch hätte er hier seinen eigenen U-Bahnhof — ohne Gedränge zur Rush Hour und nur wenige Schritte bis zur Couch. Diese verlockende Idee ist allerdings reine Fantasie. Der U-Bahn-Betreiber „Transport for London“ bleibt weiterhin Besitzer der Schienen und Gleise.