Smells like Heavy Metal In Wacken beginnt das große Aufräumen

Wacken (dpa) - Wie ein Schleier liegt am Sonntagmorgen noch ein schwerer Duft über den Wiesen und dem Festivalgelände des „Wacken Open Air“. So muss es in einem mittelalterlichen Lager gerochen haben: nach Essensresten, Unrat und allerlei Undefinierbarem.

Aurora (l.) und Deyna haben auf dem Festivalgelände des Wacken Open Air auf einen aufblasbaren Wal mitgebracht, der im Schlamm schwimmt.

Foto: Christophe Gateau

Das liegt nicht nur daran, dass der Lebensstil der Ritter und Wikinger in vielen Wacken-Besuchern romantische Gefühle weckt, was sich jährlich an Ritter-Darstellern und Mittelalter-Shows im „Wackinger Village“ zeigt. Es ist die natürliche Folge, wenn 75 000 Gäste ein Dorf für mehrere Tage zur drittgrößten Stadt Schleswig-Holsteins machen.

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Weil es zum Festival-Erlebnis gehört, den hypersensiblen Geruchssinn abzulegen, der sich einstellt, wo Menschen sich im Alltag den Luxus täglichen Duschens, funktionierender Abwassersysteme und lückenloser Abfallentsorgung leisten können, tritt der Duft gefühlt wieder stärker in Erscheinung, sobald das Festival-Spektakel beendet ist. „Am dritten Tag ist mir alles egal. Körperhygiene, was war das nochmal?“, singen die Spaß-Metaller der Band J.B.O. in der Nacht zu Sonntag zum Abschied ihre Festival-Hymne „Wacken ist nur einmal im Jahr.“ Im Publikum kennen fast alle den Text: „Scheiß drauf, Wacken ist nur einmal im Jahr.“

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Wacken: Schlamm-Party, Wallemähnen und Bier aus Schläuchen
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Während die letzten Festivalbesucher die Autobahnen des Umlands verstopfen — denn das ist am Abreisetag des „Wacken“ laut Polizei programmiert - sammeln Gabelstapler Bauzäune ein, werden die scheinbar zahllosen Kunststoff-Toilettenhäuschen geputzt, gehen Mitarbeiter eines Landschaftsbau-Betriebs auf den Wiesen, die vor Stunden noch Zeltstädte trugen, auf Müllsuche. Wo am Vortag Alice Cooper wie ein Derwisch über die Bühne fegte, sorgen Techniker und ein Kran dafür, dass von den Hauptbühnen bald nur noch Gerippe übrigbleiben, bevor sich sattes Grün und Rinderherden „ihr“ Wacken für ein Jahr wieder zurückerobern.

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Schulkinder mit Müllsäcken helfen dabei: wie schon während des Festivals sammeln sie Flaschen und Dosen ein, um mit dem Pfand ihr Taschengeld aufzubessern.

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Wie immer — das betont die Polizei — war es auch 2017 in Wacken wieder friedlich. „Wacken, das ist ein Fest von 7 bis 70“, erklärt eine der Sicherheitsfrauen vor dem V.I.P.-Campingplatz, auf dem weder Schock-Rocker Alice Cooper noch Status Quo Frontmann Francis Rossi genächtigt haben. Und tatsächlich: als beim Auftritt der Thrash-Metal-Band Kreator am Samstag die Einschläge auf der Bass-Trommel des Schlagzeugs die Geschwindigkeit von Maschinengewehrsalven erreichen, spielt etwa 100 Meter von der Bühne entfernt ein Großvater mit der dreijährigen Enkelin Barbie im Schlamm — natürlich in Gummistiefeln und Regenhose.

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„In Kurbädern muss man viel, viel Geld für Schlammpackungen bezahlen, das ist hier alles all-in“, scherzt Wacken-Mitgründer Thomas Jensen am Samstag über das nach Regenschauern aufgeweichte Gelände. Die Besucher reagierten sportlich: mit Schlitten, auf Luftmatratzen und nackter Haut schlitterten sie durch die trübe Brühe oder gingen mit Bierdosen als Köder „Schlamm-Angeln“.

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Und irgendwie scheint die ganze Zeit jemand dabei zu sein, der eigentlich nicht mehr lebt: Lemmy Kilmister, 2015 gestorbener Frontmann der Band Motörhead. Ob „Metal-Queen“ Doro Pesch oder der 69-jährige Alice Cooper: Bands und Solisten erinnern an Lemmy oder spielen Coverversionen seiner Songs. Zum Abschluss ruft Jensen von der Bühne dazu auf, Lemmys Interpretation des David Bowie-Klassikers „Heroes“ mitzusingen, als diese auf einer Video-Leinwand abgespielt wird: „So laut, dass Lemmy uns hören kann“. Tausende stimmen ein.