Indisches Dorfoberhaupt ordnet Vergewaltigung einer 14-Jährigen an
In einem entlegenen indischen Dorf wird eine Frau belästigt. Ihr Ehemann geht nicht zur Polizei, sondern zum Dorfvorsteher. Dieser nimmt die kleine Schwester des Täters in eine scheußliche Sippenhaft.
Neu Delhi (dpa). Erneut hat ein Dorfoberhaupt in Indien die Vergewaltigung eines Mädchens angeordnet. Diesmal sei eine 14-Jährige im östlichen Bundesstaat Jharkhand zum Opfer geworden, sagte ein Polizeisprecher am Freitag. Der Vorsteher der Dalit-Kaste des Dorfes habe die brutale Tat als Vergeltungsschlag gutgeheißen. Der ältere Bruder des Mädchens soll zuvor eine andere Frau belästigt haben. Im Januar war eine junge Frau in Westbengalen auf Befehl eines Dorfvorstehers von zwölf Männern misshandelt worden.
Die 14-Jährige war laut Polizei am Montag aus ihrem Haus geholt und vor den Augen des ganzen Dorfes in einen angrenzenden Wald gezerrt worden. Mittlerweile seien der mutmaßliche Vergewaltiger, das Kasten-Oberhaupt und der Bruder des Mädchens festgenommen worden. Die ärztliche Untersuchung des Mädchens habe bestätigt, dass sie vergewaltigt wurde.
„Niemand - mich eingeschlossen - wagte es einzugreifen, da der Mukhiya (Kasten-Oberhaupt) ein sehr gefährlicher Mann ist“, sagte die Dorfbewohnerin Sulochana Devi der Zeitung „Indian Express“. Die Mutter des Mädchens habe geweint und das Oberhaupt angefleht, doch ohne Erfolg. Nach der Tat liefen die Eltern dem Bericht nach anderthalb Stunden mit dem verletzten Kind zur nächsten Polizeistation. Ein Arzt habe erklärt, die 14-Jährige sei wegen Blutungen noch im Krankenhaus und habe tagelang kaum laufen können.
Sowohl gewählte als auch selbst ernannte Dorfvorsteher oder Dorfräte haben vor allem im ländlichen Indien oft großen Einfluss. Die Anführer verstoßen zum Beispiel junge Pärchen aus den Gemeinschaften, die außerhalb ihrer Kaste oder ihrer Religion heiraten wollen oder gegen andere soziale Normen verstoßen.
Sowohl über Sexualdelikte als auch über ultra-konservative Gesellschaftsregeln und Vorschriften wird in Indien mit der Öffnung des Landes gen Westen zunehmend diskutiert. Vor allem die Vergewaltigung einer jungen Frau in einem Bus in der Hauptstadt Neu Delhi vor anderthalb Jahren und die Proteste gegen sexuelle Gewalt danach führten dazu, dass die lokalen Medien den Themen seitdem mehr Platz einräumen.