Internationaler Schlangenmenschen-Kongress in Bergisch Gladbach

In Bergisch Gladbach treffen sich die sogenannten Kontorsionisten aus aller Welt zu ihrem Kongress.

Bergisch Gladbach. Es ist ein merkwürdiger Montagmorgen in Bergisch Gladbach. Rentner Hugo sitzt nichtsahnend an der Bushaltestelle, als sich eine ziemlich schlanke, ziemlich auffällige Frau neben ihn setzt und sich erst den Kopf durch die Beine steckt und dann den rechten Fuß hinters Ohr klemmt. Hugo kriegt das alles nur aus den Augenwinkeln mit. Er will keineswegs den Eindruck erwecken, übermäßig beeindruckt zu sein. Wo bleibt denn eigentlich der Bus?

Internationaler Schlangenmenschen-Kongress in Bergisch Gladbach. Das mussten die Teilnehmer natürlich erst mal schlucken. „Ich erkenne noch viele Gesichter wieder von vor zwei Jahren in Las Vegas“, begrüßt Trainer Frederick van Laak die aus den USA und Asien angereisten Freunde der Verbiegekunst. „Dieser Ort hier klingt etwas anders.“

Dass der Kongress diesmal in Bergisch Gladbach stattfindet, hat unter anderem damit zu tun, dass dem Top-Talent Zlata (28) vor zwei Jahren wegen seines russischen Passes die Einreise in die USA verweigert wurde. Das war schon ein kleiner Schock. Deshalb jetzt Old Europe. Und Bergisch Gladbach? Hat eher praktische Gründe. Organisatorin Ska von Schöning wohnt in Köln.

„Ich könnte das auch sonstwo stattfinden lassen, und die kämen“, sagt von Schöning. Die Kontorsion hat einen kleinen, aber sehr treuen Liebhaber-Kern. Kontorsion ist das Fachwort für die Kunst des Verbiegens. Auf dem Kongress wird ausschließlich von „Kontorsionisten“ oder „Künstlern“ gesprochen, nie von Schlangen- oder Gummimenschen. „Die Kontorsion ist viele Jahre lang so eine Freak-Angelegenheit gewesen, das wollten wir ändern“, sagt von Schöning. „Ich bin selbst auch relativ flexibel.“ Will sagen: Sie kann sich auch ziemlich doll verbiegen.

Der Star des Tages ist Zlata (28), bekannt aus dem Fernsehen. Ihr Talent wurde bereits im russischen Kindergarten erkannt, mittlerweile wohnt sie schon lange in Leipzig. „Viele glauben, dass ich mich auch zu Hause verbiege, beim Aufräumen oder so. Aber das kommt nie vor.“ Er nehme sie auch nicht im Koffer mit, um ein Ticket zu sparen, scherzt ihr Ehemann Steffen Günthel.

Die meisten Selbstverbieger — so auch Zlata — haben von Natur aus elastischere Bandscheiben. „Sie sind weich“, sagen die Kontorsionisten. Es gibt aber auch solche, die einfach unglaublich hart trainieren.

Der 78 Jahre alte Horst Frindt (Foto) aus Hirschhorn am Neckar ist der älteste Kongressteilnehmer. Er ist 31 Jahre lang mit ein und derselben Nummer um die Welt getingelt. Der Act hieß „Mensch oder Puppe“. Horst war die Puppe, und ließ sich als solche durch die Luft wirbeln. In den 50er Jahren trat er damit eineinhalb Jahre lang in der Radio City Music Hall im Rockefeller Center in New York auf, anschließend ging es 32 000 Kilometer quer durch Amerika.

Man kann die Nummer noch auf der Internetplattform YouTube bewundern. Gesund sieht das nicht aus, was Frindt bestätigt. Ob er denn noch was Kurzes vorführen könne, fragt ihn ein Fernsehreporter, doch der alte Mann winkt ab: „Zwei künstliche Hüften!“