Umfrage: Große Mehrheit in Deutschland für Rauchverbot in Kneipen
Der Protest von Rauchern gegen ihre Verbannung aus Kneipen ist laut. Die Mehrheit repräsentieren sie laut Umfrage aber nicht: Vier von fünf Deutschen wollen rauchfreie Kneipen. Selbst unter Rauchern denkt inzwischen die Mehrheit so.
Düsseldorf (dpa). Trotz Raucherprotesten und Warnungen vor einem Kneipensterben wächst die Zustimmung der Bevölkerung zu rauchfreien Gaststätten. Laut einer repräsentativen Umfrage für das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg sind inzwischen rund 82 Prozent der Bürger für ein Rauchverbot in der Gastronomie.
Zum Vergleich: 2005 - also noch vor den ersten Nichtraucherschutzgesetzen in Deutschland - lag die allgemeine Zustimmung erst bei 53 Prozent, im vergangenen Jahr bei 77,5 Prozent.
Die gewachsene Akzeptanz sei vor allem auf einen Einstellungswandel der Raucher zurückzuführen, berichtete Martina Pötschke-Langer vom Krebsforschungszentrum am Montag in Düsseldorf. Unter Rauchern habe sich die Zustimmungsquote zum Rauchverbot in Kneipen auf 59 Prozent fast verdoppelt, seit erste Bundesländer 2007 Nichtraucherschutzgesetze eingeführt haben. Die Untersuchung belege, dass die teils aggressiven Protestaktionen nicht die Meinung der Mehrheit widerspiegelten, unterstrich die Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention.
Die sauerländische Dieter Mennekes-Umwelt-Stiftung, die die Umfragen seit 2006 finanziert, ließ zudem die Frage untersuchen, ob das sogenannte „Kneipensterben“ ursächlich auf Rauchverbote zurückzuführen sei. Der Berliner Medizin-Autor Dietmar Jazbinsek recherchierte und kam zu anderen Antworten: „Die Kneipen haben strukturelle Probleme.“ Das gemeinsame Bier mit Nachbarn nach Feierabend habe in Zeiten sozialer Netzwerke im Internet einen Bedeutungsverlust erlitten.
Tatsächlich sei die Zahl der Schankwirtschaften in NRW nach Zahlen des Statistischen Bundesamts innerhalb eines Jahrzehnts bis 2011 um ein Drittel auf gut 9000 zurückgegangen. Beim Pro-Kopf-Bierkonsum zeichne sich bundesweit schon seit Mitte der 90er Jahre ein deutlicher Rückgang ab. Die Formel „Rauchverbot gleich Kneipentod“ greife also zu kurz. Legenden über Kneipenschließungen wegen des Rauchverbots hielten Nachprüfungen nicht stand.
Der Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands in NRW, Thorsten Hellwig, räumte ein, dass es monokausale Erklärungen nicht geben könne. Bei kleinen Eckkneipen, deren Gäste weit überwiegend Raucher seien, werde das Aus in einem ohnehin schwierigen wirtschaftlichen Umfeld aber „gesetzlich beschleunigt“. Der Verband fordert, Raucher-Kneipen und Raucherräume in Gaststätten wieder zu erlauben.
Jazbinsek warf der Raucher-Lobby vor, wissenschaftliche Erkenntnisse über gesundheitliche Gefahren durch aktives und passives Rauchen zu leugnen und auf Kundgebungen teilweise „Hass-Kampagnen“ gegen Politiker zu schüren. Stifter Mennekes stellte fest, in NRW gebe es erst einen funktionierenden Nichtraucherschutz seit alle Ausnahmetatbestände gestrichen worden seien. Zuvor hätten etwa Atemluftmessungen in Schützenzelten höhere Giftstoffkonzentrationen ergeben als in Raucherräumen von Kneipen.
In NRW versucht derzeit eine Initiative ein Volksbegehren gegen das Nichtraucherschutzgesetz auf die Beine zu stellen. Allerdings müsste sie gut eine Million Unterschriften erhalten, um ihr Anliegen auf die Tagesordnung des Landtags zu bringen.