Jack the Ripper: Auf den Spuren des Schlitzers
Vor 125 Jahren trieb Jack the Ripper sein Unwesen. Kaum jemand kennt dessen Geschichte so wie Ex-Museumsdirektor Donald Rumbelow.
London. Der Mann, der Jack the Ripper so gut wie wohl kein anderer kennt, heißt Donald Rumbelow, Jahrgang 1940. Er trägt seine Schiebermütze, als sei sie auf seinem Kopf festgewachsen, und seine Brille könnte mal geputzt werden.
Der ehemalige Kurator des City of London Kriminalmuseums ist ein großer Geschichtenerzähler und ein aufmerksamer Tourguide. Fast jeden Sonntagabend führt er an die Orte, an denen der notorische Serienmörder sein Unwesen trieb.
125 Jahre ist es her, dass ein Unbekannter in London fünf Prostituierte ermordete, fast allen den Bauch aufschlitzte, vom Unterbauch bis zum Brustbein, und der letzten, Mary Kelly, entnahm er gar das Herz. Daher auch der Name: Jack the Ripper — der Schlitzer.
Die Taten wurden zwischen September und November 1888 begangen. Dann hörten sie abrupt auf. Seitdem ist Jack the Ripper eine Figur, um die sich Legenden ranken. Ein Mann ohne Gesicht, der immer wieder neu interpretiert wird.
„Mord“, erklärt Rumbelow, „war eine sehr seltene Straftat während dieser Zeit.“ Gewalt, ja, die habe es gegeben, Kämpfe im Suff oder häusliche Streitigkeiten. Aber Mord, eher untypisch, erklärt der Kriminalhistoriker seinen gut 50 Zuhörern. Dann erzählt er, dass ein Grund dafür, dass die Morde nicht aufgeklärt wurden, auch der war, dass es zwei Polizeieinheiten in London gab und bis heute gibt.
Die City of London Police ist die Nachfolgerin der Stadtwache und zuständig für Straftaten im zentralen Stadtteil „City of London“. Der Metropolitan Police Service, kurz The Met, kümmert sich um Straftaten in Greater London.
Das alles erklärt Donald Rumbelow im Vorbeigehen. Und lässt in seinen Erzählungen die sozialen Umstände der Zeit wieder aufleben: „Die Prostituierten sahen nicht so glamourös aus wie in den Filmen“, sagt er. Es waren arme Frauen, für die Männer manchmal nur ein Stück Brot zahlten.
Die sozialen Umstände sind sein eigentliches Thema. Klar, Jack the Ripper ist der Magnet. Rumbelow geht es darum, den Menschen ein bisschen Geschichte lebendig beizubringen. „Ich mache auch Schulführungen“, erzählt er. Auf einmal interessierten sich die Schüler nicht nur für den Schlitzer, sondern auch für die Lebensumstände.
Rumbelow gilt als der Experte unter den Ripper-Kennern. Er hat mehrere Bücher zu dem Thema geschrieben. Eine Frage bleibt allerdings auch am Ende der Tour offen: Wer war denn nun der Ripper, seiner Meinung nach? „Jemand aus der Gegend“, sagt Rumbelow und zwinkert dabei freundlich.